Wenn Essen auf den Boden fällt, hat man drei Sekunden Zeit, um es wieder aufzuheben und zu verspeisen.
Wenn Essen auf den Boden fällt, hat man drei Sekunden Zeit, um es wieder aufzuheben und zu verspeisen – denn innerhalb dieser kurzen Zeit können sich keine Bakterien darauf niederlassen. Die sogenannte Drei-Sekunden-Regel ist zwar kompletter Humbug, kursiert aber dennoch in zahlreichen Internetforen und lässt sich auch aus vielen Hinterköpfen nicht und nicht vertreiben. Aber gut, sollen die Anhänger dieser Regel ruhig weiter an ihrem Kaugummi mümmeln, nachdem er ihnen – eh nur für zweieinhalb Sekunden – auf den Schuhabstreifer oder ins Katzenkisterl gefallen ist. Weitgehend unbedenklich ist es hingegen, Münzen vom Boden aufzuheben – egal, wie lange sie dort schon gelegen sind. Zwar tummeln sich auch auf ihnen Schmutz und Keime, doch ist die Versuchung, das Zahlungsmittel in Verbindung mit Lippen und Mundschleimhaut zu bringen, in der Regel nur schwach ausgeprägt.
Dennoch ist eine gewisse Vorsicht angeraten, sollte auf dem Gehsteig ein Euro in der Sonne glänzen. Vor allem dann, wenn sich rund um ihn noch Reste einer Flüssigkeit erkennen lassen. Statt dem ersten Impuls nachzugeben, empfiehlt es sich, die Münze erst mit der Schuhspitze aus der Flüssigkeit zu bugsieren und sie dann aufzuheben. Fühlen sich die Finger in diesem Moment ein wenig klebrig an, empfiehlt es sich, die Finger zu spreizen – denn sonst besteht die Gefahr, dass sie nicht mehr auseinandergehen. Und diesen Triumph will man den Komikern, die den Euro mit Superkleber auf dem Boden festgemacht haben – der aber noch nicht eingetrocknet ist – schließlich nicht gönnen. Einfach weitergehen und daheim nach Nagellackentferner suchen oder lange rubbeln. Und falls die Komiker diese Szene mitgefilmt haben sollten, bitte ich um Zusendung des Links für das YouTube-Video. Aber eines ist klar: Den Euro kriegt ihr nicht mehr. Der lag schließlich schon länger als drei Sekunden.
E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2012)