Grüne legen Anzeigenkosten offen

ABSTIMMUNG DER WIENER GR�NEN �BER KOALITIONSPAKT
ABSTIMMUNG DER WIENER GR�NEN �BER KOALITIONSPAKT(c) APA/HERBERT NEUBAUER (Herbert Neubauer)
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Das Ressort von Wiens Grüner Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou hat im Vorjahr 536.000 Euro für Inserate ausgegeben. Mit der Offenlegung kommt sie ihren Amtskollegen der SPÖ und dem Gesetz zuvor.

[Wien] Maria Vassilakou ist nicht auf rot-grüner Linie - zumindest nicht beim Thema „Inserate". Auf Anfrage der „Presse" legt die Vizebürgermeisterin der Grünen als erstes Mitglied der Wiener Stadtregierung offen, wie viel Steuergeld ihr Ressort - sie zeichnet seit November 2010 für Verkehr und Stadtplanung verantwortlich - im vergangenen Jahr für Inserate ausgegeben hat: exakt 535.572,80 Euro.

Vassilakou kommt damit ihren Amtskollegen der SPÖ und dem Gesetz zuvor. Noch sind knapp zwei Monate Zeit, bis am 1. Juli das Bundesgesetz zur „Transparenz bei Medienkooperationen sowie von Werbeaufträgen und Förderungen" in Kraft tritt. Öffentliche Stellen und Firmen in Staatsbesitz müssen dann quartalsweise melden, in welchen Medien welche Summen für Anzeigen ausgegeben wurden. Das Gesetz soll künftig Licht ins Dunkel bei der Vergabe von Inseraten und den damit verbundenen Geldflüssen bringen.

Besonders interessant wird die Offenlegung der Verteilung des Inseratenvolumens der Stadt Wien sein. Nirgendwo sonst in Österreich ist der Dschungel an Inseraten, Broschüren und anderen Publikationen so dicht wie in der Hauptstadt.

Der von Vassilakou offengelegte Betrag ist ein vergleichsweise geringer. Denn: Allein jene Inseratenserie der ÖBB, die zurzeit im Mittelpunkt der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Bundeskanzler Werner Faymann steht, kostete 500.000 Euro. Vergleicht man den Werbeetat des Vassilakou-Ressorts mit dem Budget des Presse- und Informationsdienstes (PID) der Stadt Wien, jener Stelle, in der die Werbeaktivitäten der Stadt zusammenlaufen, ist der Betrag gar verschwindend klein: 2010 belief sich das Budget des PID auf rund 46 Millionen Euro.

Mit der Offenlegung kommen die Grünen einer Forderung nach, mit der sie 2010 selbst in den Wiener Wahlkampf gezogen sind: mehr Transparenz, auch bei Inseraten. Im Koalitionsabkommen zwischen SPÖ und Grünen findet man zwar nichts zu dem Thema, doch dort, „wo wir allein zuständig sind, machen wir das", sagt David Ellensohn, Klubobmann der Wiener Grünen. „Diese Offenlegung ist in Wien nicht Standard."

SPÖ gibt keine Auskunft

Alle Stadträte des großen Koalitionspartners SPÖ geben auf entsprechende Anfrage keine Auskünfte über Ausgaben für Inserate. Als Begründung führen ihre Mediensprecher unterschiedliche Argumente ins Treffen. Gerlinde Riedl, Sprecherin von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny, erklärt etwa, „dass die Geschäftsgruppe Kultur 2011 kein eigenes Inseratenbudget hatte". Hanno Csisinko, Sprecher von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, sagt: „Wir legen nicht gegenüber einem Medium offen, wie viel Geld wir in einem anderen Medium geschaltet haben." Die Gesamtsumme der Ausgaben für Anzeigen sei beim PID zu erfragen.

Seit vergangenem Jahr leitet Oliver Stribl den PID. Stribl verweist auf Anfrage darauf, dass der Rechnungsabschluss für 2011 erst Ende Juni beschlossen wird. Doch selbst dann wird er nichts Genaueres sagen können. „Im Jahr 2011 war die Systematik noch die alte", führt Stribl aus. Die Ausgaben für Inserate seien Projekten zugeordnet, eine EDV-mäßige Erhebung und deren Auswertung für das besagte Jahr daher nicht möglich. Und warum kann Maria Vassilakou die Summe offenlegen? „Das müssen sie das Ressort Vassilakou fragen", antwortet Stribl. „Die Budgetierung liegt in der Verantwortung des Ressorts, vielleicht wurde das dort anders aufgezeichnet."

Stribls Antwort reiht sich somit an jene an, die sein Chef, SP-Stadtrat Christian Oxonitsch, in dessen Ressort der PID fällt, schon vor rund einem Jahr auf eine Anfrage des FP-Mandatars Dietbert Kowarik im Gemeinderat gegeben hatte: „In Anbetracht der großen Anzahl und des damit verbundenen administrativen Aufwandes erscheint diese Erhebung nahezu unmöglich - wirtschaftlich jedenfalls nicht gerechtfertigt" („Die Presse" berichtete).

Zu hoher Aufwand "unlogisch"

„Dass es ein zu hoher administrativer Aufwand sein soll, die Kosten für Inserate zu erheben, ist aus Außensicht unlogisch", sagt Politologe Peter Filzmaier. „Jedes Inserat der Stadt Wien ist ein aktenmäßiger Vorgang. Dass für die Erhebung kein sinnvoller Weg gefunden werden kann, halte ich für nicht sehr glaubwürdig."

Seit September 2011 läuft eine Prüfung sämtlicher Inseratenschaltungen der Stadt Wien und deren Unternehmungen, wie zum Beispiel der Stadtwerke. „Das Kontrollamt fordert die Zahlen an und schaut, wie viel Geld geflossen ist", sagt Kontrollamtssprecher Rudolf Gerlich. Dabei ginge es aber nicht um eine inhaltliche Bewertung der Anzeigen. Aufgrund des beträchtlichen Umfangs der Prüfung sei mit einem Ergebnis frühestens im Herbst zu rechnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2012)

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