Lizenzen: Glücksspielgesetz verkommt zur Farce

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Peter Zanoni, größter Pokeranbieter neben den Casinos Austria, bewirbt sich nicht um die Poker-Konzession. Beim Match um die Spielbanken fehlen ausländische Anwärter.

[Wien] Die Vergabe der Glücksspiel-Lizenzen verkommt immer mehr zur Farce - samt brutalem rechtlichen Nachspiel. Das Rennen um die neuen Casinos-Konzessionen dürfte entgegen der Hoffnung des Finanzministeriums auf internationale Bieter ein rein österreichisches Match bleiben. Und Peter Zanoni, aussichtsreichster Interessent für die einzige Pokerlizenz des Landes, wird nicht an der Ausschreibung teilnehmen, wie er im "Presse"-Gespräch ankündigt.

Zanoni, Gründer der "Concord Card Casinos", betreibt zehn Pokersalons in Österreich. Neben den Casinos Austria (Casag) ist Zanoni damit der größte Pokeranbieter des Landes. Als in der Glücksspielgesetznovelle 2010 erstmals die Ausschreibung einer eigenen Pokerlizenz verankert wurde, galt als ausgemacht, dass sie für Zanoni bestimmt sei. Er betreibt sein Gewerbe seit 1993.

Nur ein Standort?

Nur: Das Gesetz spricht von „einem Pokersalon", für den das Finanzministerium eine Konzession ausschreiben kann. Ein Wortlaut, der - nach Rechtsmeinung des Ministeriums - bedeutet, dass der Lizenzinhaber nur an einem einzigen Standort einen Salon betreiben dürfe. Bekäme Zanoni die Konzession, müsste er also neun seiner zehn Lokale schließen.

"Daran habe ich kein Interesse", erklärt Zanoni. Er habe das Glücksspielgesetz mit seinen letzten Novellen 2008 und 2010 von Staatsrechtler Günther Winkler durchleuchten lassen - und sei zu dem Schluss gekommen, dass es für ihn besser sei, sich nicht zu bewerben. Für Bewerber gelte nämlich die Übergangsfrist der Novelle 2010: Mit Ende 2012 würden bestehende Pokersalons damit illegal. Wer sich jedoch nicht um die Lizenz bewirbt, komme weiter in den Genuss der Regelung von 2008: Sie lässt bestehende Unternehmen unbefristet weitermachen. Somit, sagt Zanoni, könne er auf Basis seiner aktuellen Gewerbeberechtigung von 2001 alle zehn Salons weiterführen.

Der Unternehmer kämpft aber auch an einer anderen Front gegen das Finanzministerium: Weil das Ressort von Zanoni seiner Meinung nach unzulässige Gewinnabgaben fordert, hat er jetzt beantragt, dieses Verfahren auszusetzen und das Gesetz zur Prüfung dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) vorzulegen.
Auch bei der laufenden Neuvergabe der Spielbankenlizenzen, die bisher nur in Händen der Casag lagen, drohen heftige Rechtsstreitigkeiten. Verfassungsrechtler erachten nämlich die Ausschreibung in zwei Paketen zu je sechs Standorten als diskriminierend. Dies schränke den Interessentenkreis ein und verstoße gegen die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, besagen mehrere Gutachten (die „Presse" berichtete exklusiv am 5. März).
Das Finanzministerium, das zusätzlich drei Einzellizenzen (zwei in Wien, eine in Niederösterreich) vergibt, bleibt jedoch bei der Vorgangsweise, die von der Finanzprokuratur und dem Verfassungsdienst geprüft worden sei. Dass es bei einem so heiklen Thema verschiedene Meinungen gebe, sei nicht überraschend, heißt es.

Die Kritik ist jedoch nicht unberechtigt. Für das „Stadtpaket" (Wien, Linz, Salzburg-Stadt, Graz, Innsbruck, Bregenz) haben sich nur die beiden heimischen Glücksspielkonzerne Casag und Novomatic (mit zwei Firmen) beworben. Der Zuschlag soll vor dem Sommer erfolgen. Es wird von einem „Heimspiel" für die Casag ausgegangen. Die Novomatic hat eine Beschwerde beim VfGH eingebracht - eine Antwort steht aus.
Beim „Landpaket" (Kärnten, Niederösterreich, Tirol, Vorarlberg, Salzburg), wo die Bewerbungsfrist am 16. Mai endet, läuft alles auf einen rot-weiß-roten Dreikampf hinaus. Neben den Fixstartern Casag und Novomatic dürfte nur Frank Stronach antreten. Stronachs Merkur Entertainment ist mit der deutschen Gauselmann-Gruppe im Bund. Der lange gesuchte Partner mit Spielbank-Erfahrung soll die Schweizer „Stadtcasino Baden AG" sein.

Century winkt ab

Abgewunken hat hingegen die in den USA und Wien börsenotierte Century Casinos. Die mit Stronach angedachte Partnerschaft kam nicht zustande. „Wir konzentrieren uns auf internationalen Projekte", sagte Century-Vorstand Erwin Haitzmann bei der Inbetriebnahme des bisher größten Schiffcasinos auf der „Riviera" der US-Reederei Oceania Cruises. Century ist nach eigenen Angaben mit zwölf Spielbanken der größte unabhängige Betreiber von Schiffs-Casinos. Century verfolge Casino-Projekte in gut regulierten Märkten weltweit, so Haitzmann.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2012)

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