Arbeitsmarkt: Junge Ausländer verdrängen alte Ausländer

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Symbolbild(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Die Zuwanderer aus den neuen EU-Staaten nehmen den Österreichern keine Jobs weg, sagen Experten. Sondern ihren älteren Landsleuten. Die Arbeitsmarktöffnung gen Osten bringt dem Fiskus 350 Millionen Euro.

Wien/hie. Etwa 26.000 neue Arbeitskräfte aus acht „neuen“ EU-Ländern sind seit der Arbeitsmarktöffnung am 1. Mai 2011 nach Österreich gekommen. Von einer Massenzuwanderung, wie sie manche befürchtet haben, also keine Spur. Auch das Gerangel um Arbeitsplätze ist so gut wie ausgeblieben – zumindest zwischen Österreichern und Zuzüglern. Wenn, dann würden die neuen Zuwanderer nämlich jene „verdrängen“, die schon länger in Österreich seien. „Der tüchtigere junge Ungar verdrängt den, der schon länger hier ist“, fasste es Johannes Kopf, Chef des Arbeitsmarktservice (AMS), am gestrigen Montag zusammen.

Auf die Arbeitslosigkeit in Österreich habe sich die Ostöffnung kaum bis gar nicht ausgewirkt, so Kopf: Die Quote sei um 0,08 Prozent höher, als sie sonst ausgefallen wäre. Dafür gebe es mehrere Gründe. Zum einen den Liberalisierungseffekt: 2000 bis 3000 Ausländer, die bis dahin schwarz in Österreich gearbeitet hätten, sind mit der Öffnung in ein legales Dienstverhältnis übergegangen. Zum anderen wurden Stellen, für die bis dahin niemand gefunden werden konnte, mit Zuzüglern besetzt – vor allem in Landwirtschaft, Gastronomie, Tourismus und auf dem Bau. Das zusätzliche Angebot an Arbeitskräften habe letztlich auch zu mehr Arbeitsangebot geführt.

Zu Spitzenzeiten 50.000 Personen

Ende März waren 26.800 Menschen aus den acht EU-Ländern (Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Ungarn, Slowenien und der Slowakei) in Österreich beschäftigt. Prognosen hatten den Zustrom auf etwa 25.000 geschätzt. Zwischenzeitlich waren es auch schon mehr als 50.000 Personen, so Kopf. Ein großer Teil davon habe aber nur vorübergehend hier gearbeitet, um etwa Spitzen im Tourismus abzudecken. Dem österreichischen Fiskus habe die Öffnung 350 Mio. Euro Mehreinnahmen an Steuern und Sozialabgaben gebracht, so Kopf.

Laut Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) soll im Laufe dieser oder nächster Woche die Liste der „Mangelberufe“ vorliegen – jene Berufe, für die im Rahmen der Rot-Weiß-Rot-Card qualifizierte Ausländer nach Österreich zuwandern dürfen. Hundstorfer wertet die österreichische Strategie, den österreichischen Arbeitsmarkt im Rahmen der erlaubten Übergangsfristen erst später zu öffnen, als Erfolg: Die schrittweise Öffnung sei die richtige Vorgehensweise gewesen. „Der österreichische Arbeitsmarkt hat das gut aufgenommen.“

Auch für die zwei jüngsten EU-Mitglieder, Rumänien und Bulgarien, schöpft Österreich die Übergangsfristen aus: EU-Bürger aus den beiden Ländern dürfen erst ab 2014 in Österreich arbeiten.



Sehr zum Missfallen der Industrie. „Die Freude darüber, dass es kaum einen messbaren Effekt der Ostöffnung auf Österreichs Arbeitsmarkt gibt, kann ich nicht nachvollziehen“, sagte Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung. Der Fachkräftemangel in den heimischen Industriebetrieben sei nach wie vor deutlich spürbar. Viele Fachkräfte seien schon vor Jahren in andere EU-Staaten gewandert. „Österreich sollte eine viel offensivere Anwerbepolitik verfolgen“, so Neumayer.

40 Prozent pendeln

15 Prozent aller unselbstständig Beschäftigen in Österreich kommen aus dem Ausland (siehe Grafik), drei Prozent aus den acht EU-Ländern, für die der Arbeitsmarkt seit 2011 offen ist. Von den „neuen“ Arbeitskräften haben sich allerdings nur 60 Prozent auch in Österreich niedergelassen, 40 Prozent pendeln. In Regionen nahe der Grenze ist der Pendleranteil noch höher: Im Burgenland beträgt er 88 Prozent.

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