Befreiungsfeier: Regierung verurteilt „Totengedenken“

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Bundeskanzler Faymann und Vizekanzler Spindelegger plädierten bei einer Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Kapitulation des Nazi-Regimes für "mehr Europa". Förderung für Gedenkdienst wird nicht gekürzt.

Wien/Apa/M.l. Erstmals hielt die Regierungsspitze zum Jahrestag der Kapitulation des Nazi-Regimes eine Befreiungsfeier im Kanzleramt ab – und nutzte die Gelegenheit für ein Plädoyer für ein Vereintes Europa. Kanzler und Vizekanzler verurteilten dabei auch das „Totengedenken“ des Wiener Korporationsringes. Es sei nicht zu tolerieren, wenn das Datum dazu benutzt werde, ein „unkritisches und teilweise verharmlosendes Bild“ des Zweiten Weltkriegs zu zeichnen, kritisierte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ). Ohne Demokratie gebe es weder Wohlstand noch Chancengerechtigkeit in Europa. „Ewiggestriges Gedankengut, das brauchen wir nicht“, ergänzte Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP).

Jedes Jahr am 8. Mai ziehen die Burschenschafter durch die Wiener Innenstadt und legen einen Kranz vor der Krypta auf dem Heldenplatz nieder. Die sogenannte „Totenrede“ wurde dieses Jahr von keinem Politiker, sondern von einem Vertreter der Sudetendeutschen Landsmannschaft gehalten.

Gleichzeitig zum Gedenken der Burschenschafter luden die Israelitische Kultusgemeinde, die Stadt Wien und die Grünen zu einer Befreiungsfeier ebenfalls auf den Heldenplatz. Auch ein privater Demozug hatte dieses Ziel. Um Auseinandersetzungen zu vermeiden, hatte die Polizei Teile des Heldenplatzes schon Stunden vorher gesperrt.

Keine Kürzung bei Gedenkdienst

Passend zum 8.Mai einigte sich die Regierung auch darauf, die Förderungen für den Gedenkdienst doch nicht zu kürzen. Im Zuge des Konsolidierungspakets wollte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) die Trägerorganisationen wie den „Verein Gedenkdienst“ oder den „Österreichischen Auslandsdienst“ nicht mehr mit 9000 Euro, sondern nur noch mit 8100 Euro pro Zivildiener und Jahr fördern. Nach Protesten der betroffenen Vereine und der Grünen hatte Faymann angekündigt, die Kürzungen rückgängig zu machen. Die 100.000 Euro, die das Innenministerium nun doch nicht einsparen kann, werden von allen Ministerien getragen. Die ÖVP- und SPÖ-Ressorts übernehmen jeweils die Hälfte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2012)

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