Ein einzelner Trader könnte mit seinen Spekulationen die Milliardenverluste der US-Bank verursacht haben. Er ist bekannt als der "Londoner Wal".
Die US-Bank JPMorgan hat zwei Milliarden Dollar verspekuliert. Brandherd dürfte das "Chief Investment Office" (CIO), eine Art interne Wett-Abteilung der Bank sein. Offiziell werden dort die Risiken der Bank abgesichert. In der Praxis geht das CIO Wetten ein, die Beteiligungen an individuellen Beständen absichern soll - etwa Kredite an Firmen mit einer schlechten Bewertung durch Ratingagenturen.
Und das CIO ist nicht das erste Mal aufgefallen, Bereits im April kursierten Gerüchte, dass ein einzelner Trader der Bank in London derart hohe Wetten im Derivatemarkt gewagt habe, dass er den Markt damit bewegte. Konkret ging es um Kreditausfallversicherungen auf Unternehmen (Credit Default Swaps, CDS). Laut "Standard" ging es genau genommen um CDS-Indizes: also ein Produkt, in dem Kreditversicherungen gebündelt sind. Hier werden Erinnerungen an die Finanzkrise 2008 wach. Auch damals hatte die Zockerei der Banken zum Bankenkollaps geführt und die US-Bank Lehman Brothers in die Pleite gerissen.
"Sturm im Wasserglas"
Das "Wall Street Journal" identifizierte damals den Mann als Bruno Iksil - wegen seiner Größe im Markt auch bekannt als "Londoner Wal" oder "Voldemort" (nach dem fiktiven Harry-Potter-Bösewicht). Er hat offenbar große Mengen an CDS gekauft und sie dann auf Indexbasis gebündelt weiterverkauft. Iksil allein soll eine Position von 100 Milliarden Dollar aufgebaut haben. Hedgefonds begannen deshalb in den letzten Wochen heftig dagegen zu wetten.
JPMorgan-Chef Dimon spielte die Gerüchte allerdings herunter: "Ein Sturm im Wasserglas", sagte er Mitte April. Laut "Spiegel Online" hat er diese Aussage noch diese Woche in persönlichen Gesprächen mit Analysten wiederholt. Davon war bei der Telefonkonferenz am Donnerstag, in der Dimon den Milliardenschnitzer eingestehen musste, keine Rede mehr. Er räumte ein, dass die Verluste "ein wenig" mit den in den Medien geschilderten Vorgängen zu tun haben könnten und meinte: "Ich glaube, wir haben das ein bisschen zu sehr verteidigt."
"Absicherungsgeschäfte sind Wetten"
Die Fehl-Spekulation wird wohl Folgen haben, ist Todd Hagerman vom Broker Sterne Agee überzeugt: "Das Timing könnte nicht schlechter sein. Das wird Auswirkungen auf alle Händler und Broker haben." Und US-Senator Carl Levin stellte die Absicherungsgeschäfte der Banken überhaupt in Frage: "Die enormen Verluste, die JPMorgan veröffentlicht hat, sind der letzte Beweis dafür, dass das, was die Banken Absicherungsgeschäfte nennen, oft nichts weiter sind als risikoreiche Wetten von Banken, die sich sicher sein können, dass sie zu groß sind als dass man sie untergehen lässt."
(phu)