Janukowitsch: Streit um Fall Timoschenko "geht vorbei"

Viktor Janukwitsch, hier bei einem Besuch in Jordanien
Viktor Janukwitsch, hier bei einem Besuch in Jordanien(c) EPA (Jamal Nasrallah)
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Der ukrainische Präsident und Timoschenko-Rivale äußerte sich erstmals zum Konflikt mit der EU. Er spricht von einem politisierten Fall. Die Präsidentin Litauens besuchte Timoschenko als erste EU-Politikerin.

Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch hat sich zum Konflikt mit der EU um die in der Haft erkrankte Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko geäußert. Nach Tagen des Schweigens bezeichnete er die Auseinandersetzung als "vorübergehend". Der Fall sei politisiert, aber das gehe vorbei, sagte Janukowitsch am Freitag. Zu den schweren Verstimmungen mit der Europäischen Union bemerkte der umstrittene Staatschef, beide Seiten hätten doch Ende März ein Assoziierungsabkommen paraphiert. "Die Pause, die nun eingetreten ist, hat für uns beide ihren Nutzen", betonte Janukowitsch, der als Rivale der Oppositionspolitikerin Timoschenko gilt.

Die EU kritisiert den Umgang mit der Oppositionsführerin scharf. Aus Protest bleiben die EU-Kommission und Spitzenpolitiker vieler EU-Länder im Juni den Spielen der Fußball-Europameisterschaft in der Ex-Sowjetrepublik fern. Ein Treffen Mitteleuropäischer Staatschefs das am Freitag und Samstag stattfinden hätte sollen, wurde abgesagt. Zu viele Vertreter haben angekündigt nicht ins ukrainische Jalta reisen zu wollen.

Timoschenko zahlt Behandlungskosten selbst

Die vom Gefängnis in Charkiw in eine örtliche Klinik verlegte Timoschenko ließ unterdessen mitteilen, dass sie die Behandlung durch Ärzte der Berliner Klinik Charite persönlich bezahle. Behauptungen, dass die deutsche Regierung oder der ukrainische Staat dafür aufkommen müssten, seien eine Provokation, sagte ihr Anwalt Sergej Wlassenko.

Der Umgang mit Timoschenko liege in der Verantwortung von Präsident Janukowitsch. Es werde versucht, europäisch mit dem Präsidenten zu sprechen, "aber das versteht er nicht", man müsse mit Janukowitsch wie mit einem "Gangster" sprechen. Die Ukraine sei eine Diktatur geworden. Europa müsse Janukowitsch den Geldhahn zudrehen.

Europaratsabgeordnete reisen zu Timoschenko

Als erste EU-Politikerin hat die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite am Freitag Timoschenko besucht. "Europas Vertrauen in die Ukraine nimmt ab", sagte Grybauskaite nach dem Treffen.

Zwei Abgeordnete der Parlamentarier-Versammlung des Europarats (PACE) werden in der kommenden Woche in der Ukraine mit Timoschenko zusammentreffen. Wie die Pressestelle der paneuropäischen Länderorganisation am Freitag in Straßburg mitteilte, wollen die estnische Liberale Mailis Reps und die schwedische Konservative Marietta de Pourbaix-Lundin die Politikerin am Mittwoch in Charkiw besuchen, wo sie derzeit unter Leitung deutscher Ärzte in dem Krankenhaus behandelt wird.

Die beiden Abgeordneten, die für die Versammlung die Lage in der Ukraine beobachten, wollen sich über den Gesundheitszustand Timoschenkos informieren, die nach Angaben ihrer Tochter nach dem Hungerstreik geschwächt ist. Geplant sind auch Treffen mit Anwälten anderer früherer Regierungsmitglieder, die wie Timoschenko zu Haftstrafen wegen Amtsmissbrauchs verurteilt wurden. Der Parlamentarier-Versammlung des Europarats gehören 318 nationale Abgeordnete aus den 47 Mitgliedsstaaten an, zu denen die Ukraine gehört.

Die 51-jährige Timoschenko, die derzeit eine siebenjährige Haftstrafe wegen Machtmissbrauchs während ihrer Zeit als Regierungschefin verbüßt, leidet unter mehreren Bandscheibenvorfällen und kann sich deshalb kaum bewegen. Der Westen sieht ihre Haftstrafe als politisch motiviert an.

(Ag.)

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