Milliarden verzockt: Ratingagentur stuft JPMorgan ab

Milliarden verzockt Ratingagentur stuft
Milliarden verzockt Ratingagentur stuft(c) REUTERS (� Dylan Martinez / Reuters)
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Nach einer Fehlspekulation gerät die größte US-Bank immer stärker unter Druck: Alle Ratings wurden auf "Watch negative" gesetzt. Sie verlor 15 Milliarden Dollar Marktwert.

Der jüngste Handelsskandal kommt der größten US-Bank JP Morgan Chase teuer zu stehen: Am Freitagabend stufte die Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit des Unternehmens um eine Stufe herab und drohte mit weiteren Schritten. Die Einstufung liegt nun bei "A+" und "F1". Zudem wurden alle Ratings auf "Watch negative" gesetzt. Am späten Donnerstagabend hatte die Bank einräumen müssen, dass sie mit hochriskanten Wetten zwei Milliarden Dollar (1,55 Milliarden Euro) in den Sand gesetzt hat. Das bisher als Musterknabe unter den amerikanischen Geldhäusern geltende Institut schockte mit diesem Eingeständnis die Anleger.

Angesichts des Spekulationsverlustes stellten sich Fragen nach dem Risikoappetit und der Risikokontrolle der Bank sowie ihrem Management, hieß es in einer Stellungnahme von Fitch. Der Umfang der Verluste sei aber "beherrschbar".

Verlor 15 Milliarden Dollar Marktwert

Das renommierte Institut verlor am Freitag an der New Yorker Börse 15 Milliarden Dollar (11,59 Milliarden Euro) an Marktwert. Die Aktien von JP Morgan Chase verloren an der New Yorker Börse 9,3 Prozent auf 36,96 Dollar. Damit waren sie am Freitag mit Abstand der größte Verlierer an der Wall Street. Rund 212 Millionen Aktien der Bank wechselten den Besitzer - das war das größte Handelsvolumen seit jeher.

Der Dow-Jones-Index schloss dagegen mit moderaten Verlusten von 0,3 Prozent. Allerdings belasteten die Nachrichten den gesamten Banken-Sektor. Die Aktien von Citigroup, Goldman Sachs und Bank of America beendeten den Handel deutlich schwächer als der Gesamtmarkt.

JP-Morgan-Chef: "Wir waren schlampig"

Unterdessen räumte JP-Morgan-Chef Jamie Dimon in einem Interview mit dem US-Sender NBC Fehler ein. "Wir waren schlampig. Wir wissen, dass wir dumm waren. Wir wissen, dass es eine Fehleinschätzung gab", sagte er in der Sendung "Meet the Press", die am Sonntag ausgestrahlt werden soll. Zugleich sagte er, es sei unklar, ob die Bank gegen Gesetze oder Regeln verstoßen habe. Er versicherte, die beste Leute der Bank seien in die Sache involviert gewesen.

Börsenaufsicht will sich Fall anschauen

Zuvor hatten bereits Medienberichte für Unruhe gesorgt, denen zufolge sich die US-Börsenaufsicht SEC den Fall anschauen wird. Demnach interessiert die Aufseher, ob die Bank ihre Investoren rechtzeitig über den drohenden Milliardenverlust informiert hat. Die SEC selbst kommentierte die Berichte nicht. Auch die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) will sich Kreisen zufolge näher über den Fall informieren.

Auch aus der Politik droht der Bank Ungemach: Der republikanische Senator Bob Corker, Mitglied im Bankenausschuss, forderte in einem Brief an den Vorsitzenden des Gremiums, zu dem Thema eine Anhörung anzusetzen.

Im nachbörslichen Geschäft verloren Aktien von JPMorgan, die bereits bis zum Ende des Handels an der Wall Street gut neun Prozent an Wert eingebüßt hatten, ein weiteres knappes Prozent.

Frühere Warnung als "Sturm im Wasserglas" abgetan

Bereits im April hatten US-Medien öffentlich gemacht, dass ein Londoner Händler von JPMorgan Chase derart große Geschäfte mit komplexen Finanzprodukten getätigt hat, dass der gesamte Markt dadurch verzerrt wurde. Bankchef Jamie Dimon hatte dies damals als "Sturm im Wasserglas" abgetan.

Unklar ist, wie weit etwaige Untersuchungen der SEC gediehen sind. Nach Informationen des "Wall Street Journal" schaut sich die Aufsicht den Fall routinemäßig an. Dagegen meldete die "New York Times" unter Berufung auf eingeweihte Personen, dass in den vergangenen Tagen bereits förmliche Ermittlungen eingeleitet worden seien.

In Kürze

JPMorgan Chase gab am Donnerstag einen Spekulationsverlust von 2 Milliarden Dollar, umgerechnet 1,55 Milliarden Euro, bekannt. Die fehlgeschlagenen Finanzmarkt-Zockereien dürften der US-Großbank noch eine Menge Ärger bereiten: Die amerikanische Börsenaufsicht SEC will sich den Fall anschauen. die Ratingagentur Fitch stufte die Kreditwürdigkeit des Unternehmens herab.

(Ag.)

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