Fremdschämen zur Eröffnung der Wiener Festwochen

Fremdschaemen Eroeffnung Wiener Festwochen
Fremdschaemen Eroeffnung Wiener Festwochen(c) Dapd (Lilli Strauss)
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Live vom Rathausplatz auf ORF2: Viel Show, einige Peinlichkeiten – und ein Bratscher als Sieger.

Fernsehen zum Gernsehen war das nicht. Eine (heute bei solchen Events offenbar unabdingbare) nervöse TV-Regie, bei der jede Einstellung ohne Fahrt oder Zoom als verloren gilt – als ob mit Hingabe musizierende Menschen nicht genug Dynamik vermittelten! Durchs Bild huschende Kameras. Ein offenbar aus Zeitnot plötzlich durchgepeitschter Auftritt der Semifinalisten. Ein nicht wirklich souveräner Moderator. Und zum Schluss ausgerechnet eine „Zarathustra“-Verballhornung: Das ging nicht ohne Fremdschämen ab.

Die Festwochen erklären ja alle zwei Jahre das Finale des Wettbewerbs „Eurovision Young Musicians“ zu ihrer Eröffnung – obwohl dieses in einem Konzertsaal stattfinden sollte und mit dem Festwochen-Programm nichts zu tun hat. Der Schlagzeuger Martin Grubinger, der bei Auftritten gern neben den Schlägeln auch das Wort ergreift, war 2000 selbst bei ebendiesem Wettbewerb ins Finale gekommen und präsentiert im BR ein Musikmagazin: offenbar Gründe genug, ihn als Gastgeber auf die Open-Air-Bühne vor dem Wiener Rathaus vor 40.000 Besucher zu stellen. Aber auch Grubinger ist kein Wunderwuzzi, schon gar nicht, wenn er nervös ist – und sollte mittlerweile aufpassen, sich nicht vor zu viele Musik-Promo-Wägen spannen zu lassen.

Die Jury unter Vorsitz von Markus Hinterhäuser kürte aus sieben Finalisten, alle vom RSO Wien unter Cornelius Meister begleitet, drei Burschen zu den Siegern: den Armenier Narek Kazazyan (15), der auf dem Kanun, einer orientalischen Zither, mit einem Konzert von Khachatur Avetisyan Dritter wurde, den Österreicher Emmanuel Tjeknavorian (16), der mit dem Finale des Sibelius-Violinkonzerts antrat, und den norwegischen Bratscher Eivind Holtsmark Ringstad (17), dem zweiter und dritter Satz des Bartók-Konzerts den Sieg einbrachten – nachdem er sich von Mnozil Brass mit dem „Wickie“-Titelsong hatte ankündigen lassen müssen. Die herrlich schräge Blechtruppe sorgte immerhin für die musikalisch qualitätvollste Unterhaltung im Showteil des allzu bunten Abends („Bohemian Rhapsody“), an dem Grubinger auch mit seinem „Percussive Planet“ ordentlich Rabauz machte. Das kann er freilich. wawe

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.05.2012)

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