In Wien berieten elf Regierungsvertreter über Ansätze für eine neue EU-Reform. Spindeleggers Ziel sei es, auf europäischer Ebene die Partizipation der Bürger voranzutreiben.
Wien. Außenminister Michael Spindelegger will nun auch in der Europäischen Union mehr direkte Demokratie durchsetzen. Am Dienstag beriet er dies bei einem informellen Treffen mit mehreren europäischen Amtskollegen in Wien. Am Treffen nahmen die Außenminister von Deutschland, Polen, Belgien, Dänemark, Luxemburg und Portugal teil. Spanien und Italien waren durch Staatssekretäre, Frankreich und die Niederlande durch hohe Beamte vertreten. Das Treffen fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Spindeleggers Ziel sei es, auf europäischer Ebene die Partizipation der Bürger voranzutreiben, hieß es. Was populär klingt, ist freilich durchaus schwierig umzusetzen. Insoweit dürfte der Außenminister nicht ungeteilte Zustimmung erhalten haben. Der Vorstoß lehnte sich sehr an seine innenpolitische „Österreich-Rede“ vom Montag an.
Spindelegger wollte seine europäischen Amtskollegen außerdem davon überzeugen, dass es auf EU-Ebene zu mehr Mitsprache der Bevölkerung kommen müsse. Die EU-Bürgerinitiative, die es seit 1.April gibt, soll laut seinem Vorschlag bei einer großen Teilnehmerzahl nicht nur verpflichtend von der EU-Kommission, sondern auch vom EU-Rat (Regierungsvertreter) aufgegriffen werden.
Der Außenminister war bereits beim ersten Treffen der Runde in Berlin für eine Direktwahl des Kommissionspräsidenten eingetreten. Dieser solle im Rahmen der Europawahl gewählt werden. Nun wollte er auch für eine Stärkung des Subsidiaritätsprinzips eintreten. Der Lissabon-Vertrag brachte zwar für die nationalen Parlamente mehr Mitsprache. Für eine Blockade einer EU-Regel ist aber eine Kooperation mehrerer Parlamente notwendig. Das Subsidiaritätsprinzip bedeutet, dass Entscheidungen nur dann auf EU-Ebene verlagert werden sollen, wenn sie nicht besser auf regionaler oder nationaler Ebene abgewickelt werden können.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2012)