Moser: „Nicht die Transparenz, die man eigentlich will“

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Rechnungshof-Chef Josef Moser kritisiert die fehlende Prüfrolle und Schlupflöcher nach dem Transparenzpaket. Kontrollieren soll die Parteienförderung künftig der Rechnungshof.

Wien. Seit Dienstag liegt das Transparenzpaket der Regierung vor. Kontrollieren soll die Parteienförderung künftig der Rechnungshof. Doch eigentlich „kann er das gar nicht“, wie Rechnungshof-Präsident Josef Moser im Interview mit der „Presse“ sagt: Immerhin sehe der Plan von SPÖ und ÖVP vor, dass „nur“ zwei Wirtschaftsprüfer Zugang zu den Büchern und Belegen der Parteien erhalten. Und diese sollen dann dem Rechnungshof die Rechenschaftsberichte der einzelnen Parteien mit ihren Prüfvermerken vorlegen. „Die Rolle des Rechnungshofs fokussiert sich damit auf Entgegennahme, Verwalten und Transparentmachen von Information. Eine originäre Prüfrolle fehlt“, so Moser.

Tatsächlich will die Regierung, dass der Rechnungshof die Listen der Parteien mit sämtlichen Spenden (ab 5000 Euro) öffentlich macht. Die Einrichtung könne aber nicht gewährleisten, dass die Listen auch inhaltlich (und nicht nur nach formalen Kriterien) stimmen: „Aus den Rechenschaftsberichten der Wirtschaftsprüfer lassen sich keine konkreten Anhaltspunkte für unrichtige Angaben ableiten“, sagt Moser: Die Listen könnten am Ende falsch sein, „und das ist sicher nicht die Transparenz, die man eigentlich will“. Vielmehr sollte der Rechnungshof selbst „an die Quelle“ gehen können – also selbst die Originalunterlagen prüfen können, so wie er das auch in anderen Bereichen kann und darf.

Zudem weist der Präsident darauf hin, dass der jüngsten Regierungsvorlage gemäß die bestehende Zweckwidmung der Parteienförderung für Öffentlichkeitsarbeit fallen soll: „Es geht nur noch um Ausmaß und Höhe, nicht um die Bestimmung. Das heißt, dass in Zukunft eine Überprüfung der widmungsgemäßen Verwendung nicht mehr möglich ist.“

Einen „enormen Verwaltungsaufwand“ sieht Moser dadurch auf seine Einrichtung zukommen, dass der Rechnungshof künftig aktiv bei allen Unternehmen und sonstigen Rechtsträgern, die er prüft, nachfragen soll, ob sie mit parteinahen Firmen Rechtsgeschäfte machen. Einfacher wäre es, müssten diese Firmen beziehungsweise Rechtsträger die Geschäfte von sich aus melden. Außerdem wäre es transparenter, wenn künftig jedes einzelne Geschäft und nicht, wie derzeit in der Regierungsvorlage vorgesehen, nur der Gesamtbetrag aus allen Geschäften gemeldet werden muss. Sonst bestehe ein großes „Risiko mangelnder Transparenz“. Einzelgeschäfte könne der Rechnungshof auch viel besser prüfen.

Unternehmen wie die Telekom Austria, an der der Staat 28,42Prozent hält, werden vom Transparenzpaket gar nicht erfasst. Dabei hat gerade die Telekom mit mutmaßlichen Schmiergeldzahlungen einen Anlass für schärfere Regeln gegeben. Moser hält die 50-Prozent-Grenze zumindest für „überdenkenswert“: „Der Rechnungshof hat bereits darauf hingewiesen, dass es keine kontrollfreien Räume geben darf. Noch gibt es sie aber.“ Kommt das Transparenzpaket – ob in der jetzigen oder in abgeänderter Form –, müssten außerdem bald die Ressourcen des Rechnungshofs ausgedehnt werden, sagt Moser. Ob das heißt, dass konkret das Personal aufgestockt werden muss, darauf will er sich nicht festlegen. Aber: Aus dem Transparenzpaket, der neuen Prüfkompetenz in den Gemeinden oder den neuen Aufgaben nach dem Medientransparenzgesetz ergebe sich ein „großer Mehrbedarf“.

Fiedler für 2500-Euro-Grenze

Auch Mosers Vorgänger Franz Fiedler sieht noch Verbesserungsbedarf beim Transparenzpaket. Außer dem „Umweg“ über die Wirtschaftsprüfer („eine eigenartige Regelung“) kritisiert er vor allem, dass als „Spende“ nach der aktuellen Vorlage „nur gilt, was Gegenstand einer Zahlung ist“. Das sei zu eng gefasst, solange nicht etwa auch Sachleistungen darunterfallen. Und auch Spenden an Regierungsmitglieder, die keine Abgeordneten sind, oder an die Angestellten von Parteien fehlten. Überhaupt sei die 5000-Euro-Hürde zu hoch gesetzt, so Fiedler zur „Presse“: Er wünscht sich eine Meldepflicht bereits ab 2500 oder noch weniger Euro.

Der Parteienfinanzierungsexperte Hubert Sickinger kritisierte am Dienstag erneut den unabhängigen „Parteien-Transparenz-Senat“, der laut Rot-Schwarz Geldbußen bei Verstößen gegen die Meldepflicht verordnen soll. Entscheidungen sollen hier einstimmig fallen. Sickinger hält aber Mehrheitsbeschlüsse für zielführender.

Der Nationalrat muss die Gesetzesnovelle mit Zweidrittelmehrheit absegnen, planmäßig soll das bis zum Sommer passieren.

Zur Person

Josef Moser, 56, ist seit 2004 Präsident des österreichischen Rechnungshofes. Der gebürtige Osttiroler, Absolvent eines Jusstudiums, war vor seiner Bestellung kurz im Vorstand der ÖBB-Holding AG und Vorstandsdirektor der Eisenbahn-Hochleistungsstrecken AG. Von 1992 bis 2003 war er Direktor des FPÖ-Parlamentsklubs. Zudem war Moser Mitglied des Österreich-Konvents für eine grundlegende Staats- und Verfassungsreform.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2012)

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