Erster Prozesstag: Küssel streitet alles ab

Der Prozess von Gottfried Küssel ist heute gestartet.
Der Prozess von Gottfried Küssel ist heute gestartet.(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
  • Drucken

Nach zähem Beginn ist der Prozess gegen Gottfried Küssel und zwei Mitangeklagte heute in Fahrt gekommen. Alle drei betonen ihre Unschuld.

Tumulte am Beginn, dann ein schleppender Anfang mit abgewiesenen Anträgen der Verteidigung und keine Einvernahmen der Beschuldigten: Das ist das Resümee des ersten Verhandlungstages im Wiederbetätigungs-Prozess gegen den Rechtsextremisten Gottfried Küssel und Mitangeklagte am Montag im Wiener Landesgericht. Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter wirft Küssel, Felix B. und Wilhelm A. vor, die Homepage www.alpen-donau.info bzw. ein dazugehöriges Forum betrieben und dabei Gedankengut im Sinne nationalsozialistischer Wiederbetätigung verbreitet zu haben.

Eine Woche zuvor musste die Verhandlung (Vorsitz Martina Krainz) vertagt werden, da zu wenig Geschworene erschienen waren. Diesmal waren genügend da, und so konnte Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter mit seinem Anklagevortrag beginnen. Er beschrieb zunächst den verbotsgesetzwidrigen Charakter der Homepage alpen-donau.info und des zugehörigen Forums. Als Beispiel berichtete er von einem Foto eines Konzentrationslagers auf der Website, das mit der Aufforderung an die damalige Innenministerin Maria Fekter (V) unterlegt war, "diese Immobilie wieder sinngemäß zu verwenden".

"Auftraggeber und Ideengeber"

Für den Staatsanwalt ist Küssel der Auftraggeber für die Anmeldung der Domains und der Ideengeber für die Plattform gewesen, die nach dem Vorbild der neonazistischen Plattform "Altermedia" gegründet wurde. Küssel sei auch für die inhaltliche Gestaltung zuständig gewesen. Felix B. sei Administrator, Wilhelm A. das technische Mastermind gewesen. Seine Spezialität war die Garantie der Free Privacy, also des anonymen Agierens im Net.

Als Beleg dafür wies der Staatsanwalt ein Mail vor, in dem Küssel A. beauftragt haben soll, die Domains auf einem US-Server zu registrieren. "Dieses Mail haben wir bei beiden sichergestellt", sagte Kronawetter. A. lehnte der Anklage zufolge zunächst ab, organisierte die Adressen aber doch.

Felix B. wurde dem Staatsanwalt zufolge Ende April 2011 mit laufendem Computer erwischt - ein Glücksfall für die Ermittler. Ein weiterer Punkt in der Anklage: Felix B. habe in der Wiener akademischen Ferialverbindung "Reich" am 23. April 2010 einen Vortrag über Adolf Hitler gehalten und mit einem dreimaligen "Sieg Heil" abgeschlossen. Daraufhin sei das Deutschlandlied bzw. der verbotene Teil des Liedes gesungen worden und noch mehrmals "Sieg Heil" gebrüllt worden.

Verteidiger weisen alle Vorwürfe zurück

Die Verteidiger wiesen in ihren Plädoyers die Vorwürfe zurück. Küssels Anwalt Michael Dohr betonte, dass sein Mandant mit der Registrierung und dem Betrieb der Homepage nichts zu tun habe. Die Ermittler beriefen sich Dohr zufolge auf Daten, die das FBI vom Server-Anbieter in den USA über eine frei zugängliche Homepage bekommen und nach Österreich übermittelt hatte. So sei es gelungen, die IP- und Mailadressen der Homepage-Betreiber in Wien auszuforschen. "Nur Gottfried Küssel war nicht dabei."

Einen teils skurrilen, vor allem aber sehr langen Auftritt legte der Verteidiger des Zweitangeklagten Felix B. hin. Mehr als eine Stunde referierte Herbert Orlich, der im Prozess gegen den Holocaust-Leugner Gerd Honsik vom Richter der Verteidigerbank verwiesen wurde. Dazwischen streute er einen Kartentrick ein und sang das Deutschland-Lied - die dritte Strophe, heute die Nationalhymne der Bundesrepublik Deutschland. Dazwischen übte Orlich Kritik am Verbotsgesetz. Er wies die Vorwürfe in Bezug auf Felix B. zurück. Es scheine so, dass die österreichische Justiz "massiv unter Druck steht, dass die Homepage nicht sein kann, nicht sein darf", meinte der Anwalt.

Auch der Anwalt von Wilhelm A. stritt jede Verantwortung ab. Außer einem Mail von Küssel an seinen Mandanten und der Antwort von Wilhelm A., keinen weiteren Mailverkehr gebe. Auch Zahlungseingänge für die Registrierung der Domains habe man nicht gefunden.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Kommentare

Justitias Pfusch mit Küssel

Bei einer Gerichtsverhandlung sollte es nicht zugehen wie bei einer Media-Markt-Eröffnung.
Küssel: Seit Jahrzehnten Schlüsselfigur der Szene
Österreich

Küssel: Schlüsselfigur der Neonazi-Szene

Der gebürtige Wiener stand bereits mehrmals wegen Wiederbetätigung vor Gericht.
Wien

Rechtsextremismus: Führer fehlt, Neonazis zersplittern

Seit einem Dreivierteljahr sitzt Heinrich Küssel, Neonazi und Gründer der Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition, in U-Haft. Ein Nachfolger ist nicht in Sicht. Für den Staatsschutz ist das nur bedingt erfreulich.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.