Magdalena Chowaniec: Flammende Liebe

Als ihre Leidenschaft für den Tanz tot war, zog Magdalena Chowaniec das enge Ballettkostüm aus und ließ ihren Körper sprechen.

TIPP

Magdalena Chowaniec ist ein Multitalent, energiegeladen, kommunikationsfreudig und nachdenklich zugleich. Eben noch ist sie mit der von ihr gegründeten Band TMFF – The Mob Fixing Freedom – im überfüllten „Aparat“ aufgetreten, schon zeigt sie im „brut“, was ihr so durch den Körper geht: Musik, die den gesamten Organismus ergreift. Im Tanzquartier errichtet sie einen Ballroom und tanzt mit dem französischen Sänger/Tänzer/Schauspieler Mathieu Grenier den Paso doble. Beim Festival ImPulsTanz wird sie ihre Erfahrungen mit A, wie Austria, in Bewegung und vielleicht auch in Gesang umsetzen.

Chowaniec lebt zwar seit zehn Jahren in Österreich, ist aber hier nicht zu Hause: „Ich bin Polin“, sagt sie stolz und erzählt sprudelnd von den harten Jahren der Ausbildung in der Heimat, von ihren ersten guten Erfahrungen am Institute of Dance Arts (IDA) der Linzer Bruckneruniversität und ihren internationalen Erfolgen. „Ich wusste schon immer, dass ich auf der Bühne stehen will. Sängerin oder Schauspielerin oder Tänzerin wollte ich werden. Tanz ist es dann geworden.“ In der Kindertanzgruppe war es lustig, so hatte Magdalena nichts dagegen, mit neun Jahren die Aufnahmsprüfung an der staatlichen Ballettakademie ihres Heimatortes Bytom zu machen. Weder sie noch ihre (alleinerziehende) Mutter waren besonders glücklich, als die kleine Magda bestanden hat. „Ich weiß es noch wie gestern, es war so traurig. Ich musste ins Internat, und dort haben sie meine Liebe zum Tanz getötet.“

Missionarisch statt anarchisch. Doch sie hielt durch, machte nicht nur der Mutter zuliebe, sondern aus eigenem Antrieb den Abschluss. Nach der Matura und dem Ballettdiplom half der Zufall, ein Workshop in Danzig zeigte ihr den Weg zum zeitgenössischen Tanz. „Da flammte die Liebe wieder auf.“

Magdalena Chowaniec wollte ihre Erfahrungen in Bewegung umsetzen und durch körperlichen Ausdruck mit einem Publikum kommunizieren. Wobei sie unter „körperlichem Ausdruck“ nicht nur Bewegung versteht, sondern „alles, was der ganze Körper mitteilen kann“, dazu gehört auch Sprache oder Gesang. Ihre Ideen holt sie sich aus dem alltäglichen Umfeld: „Ich bin von außen beeinflussbar, reagiere auf Bilder, Gerüche, Töne, Zustände. Ich will nicht provozieren, sondern verstanden werden. Die Leute müssen gar nicht mögen, was ich mache, sie dürfen auch irritiert oder verwirrt sein. Aber sie sollen etwas spüren. Ich will die Menschen rühren. Kunst muss bewegen.“ Ihre Grundhaltung beschreibt sie eher als „missionarisch“ denn als „anarchisch“: „Ich stehe auf Freiheit in einem Rahmen. Ich bin auch keine Einzelfigur, ich arbeite gern im Team.“ Zuletzt mit dem französischen Bühnenkünstler Mathieu Grenier an der Entwicklung des Abends „ When I don’t dance I collect crystal balls“, einer Tanzshow mit Gesang, die mit Witz und Charme sämtliche Dancing Stars erblassen lässt.

Mit den Begriffen „Performance“ oder „Performerin“ kann sie wenig anfangen: „Da glaubt das Publikum immer, es ist Tanz ohne Bewegung. Ich habe kein richtiges Wort für das, was ich mache, am liebsten sage ich ‚Ich mache eine Show.‘“ Dass Magdalena Chowaniec kein naives Showgirl ist, beweist indes nicht nur ihre Biografie. Um ihre Studienjahre – nach der Ausbildung in Linz besuchte sie zahlreiche Workshops und Kurse – bezahlen zu können, hat sie auch harte Arbeit angenommen und neben der praktischen Tanzausbildung sogar ihr Masterstudium abgeschlossen. „Etwas verspätet zwar, aber solang ich kein richtiges Thema für die Abschlussarbeit hatte und ich außerdem schon in Holland, Deutschland und auch Polen aufgetreten bin, hatte ich keine richtige Motivation.“ Die gaben ihr dann, ohne es zu ahnen, die Drogenabhängigen, die sich in der Karlsplatz-Passage treffen. „Mir ist aufgefallen, dass ihre Bewegungen fast einem festgelegten Ritual gleichen, dass sie sich in Loops bewegen, die Abläufe sind immer gleich.“ Gemeinsam mit Gabri Einsiedl und Radek Hewelt ging sie, unterstützt von Oleg Soulimenko, an die Recherchearbeit. Die verlief weniger theoretisch als praktisch. „Ich wollte mich in den Körper der Abhängigen einfühlen. Tagelang waren wir am Karlsplatz, bis wir spürten, wie diese Menschen funktionieren.“ Selbst Drogen zu nehmen fiel dem Team nicht ein. Es ging um Empathie – Einfühlung. Das Thema für die Masterarbeit war gefunden, der Universitätsabschluss erreicht.

Inspiration „P“. Noch weiß sie nicht, was sie auf der „Choreographic Platform Austria (CPA)“, die heuer unter der Patronanz des ImPulsTanz-Festivals stattfindet, bieten wird. „Die Inspiration kommt von allein. Ich warte einfach ab.“ Chowaniec wird als „vielversprechendes Talent“ ihren Festivalauftritt inmitten Arrivierter wie Chris Haring, Saskia Hölbling oder Doris Uhlich im „Österreich Pavillon“, dem denkmalgeschützten ehemaligen Etablissement Gschwandner in Hernals, haben. Die Aufgabe, ihren Körper über „Spirit of A“ sprechen zu lassen, hat sie zum Nachdenken über sich selbst geführt. „Spirit of A ist gut, aber ich sollte etwas über ‚Spirit of P‘ machen. Schließlich bin ich Polin.“ „Der Polin Reiz ist unerreicht“, heißt es im „Bettelstudent“. Auch wenn Chowaniec den Operettentext nicht kennt – ihre Reize weiß sie darzustellen.

"The Spirit of A", Choreographic Platform Austria bei ImPulsTanz, 25. und 27. Juli im ehemaligen Etablissement Gschwandner, Geblergasse 38, 1170 Wien.

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