Will der Verteidigungsminister sein Land verteidigen, geht er auf der Stelle

Norbert Darabos verharmlost jenen zweiten Holocaust, den der Iran am vergangenen Wochenende hochoffiziell angekündigt hat. So jemand kann nicht einmal hierzulande im Amt bleiben.

Mit dankenswerter Offenheit beseitigte die offizielle staatliche iranische Nachrichtenagentur „Fars“ am vergangenen Sonntag sämtliche allfälligen Unklarheiten darüber, wie der Iran mit seinen jüdischen Nachbarn im Nahen Osten zu verfahren gedenkt.

„Die iranische Nation,“ so zitiert die Agentur den Chef des iranischen Generalstabes, Generalmajor Hassan Firuzabadi, „steht zu ihrem Anliegen der völligen Vernichtung Israels“ (im englischen Originaltext heißt das „full annihilation“). Das „zionistische Regime“, so erläutert der Teheraner Spitzenmilitär in der Aussendung bildhaft weiter, sei „ein Krebsgeschwür, das herausgeschnitten werden muss und wird“.

Das lässt nun zwei Interpretationen offen. Entweder Herr Firuzabadi wurde Opfer eines fiesen Übersetzungsfehlers – was Europas antisemitisches linkes Milieu in derartigen Fällen ja immer wieder behauptet – und hat in Wahrheit gegenüber „Fars“ gescherzt, er hätte „furchtbar gern mal wilden Sex mit einer knackigen jungen Israelin am Strand von Tel Aviv“.

Oder aber die staatliche Agentur hat korrekt übersetzt, was der höchste Militär der islamischen Republik Iran vor zahlreichen Zuhörern von sich gegeben hat: Dass die islamofaschistische Diktatur, wie ja auch von deren Präsidenten Ahmadinejad immer wieder vorgetragen, furchtbar gerne endlich jenen Holocaust veranstalten würde, den sie ansonsten leugnet.

Doch zum Glück kann Israel trotzdem erleichtert aufatmen. Der Grund dafür heißt Norbert Darabos, ein im ganzen südlichen Burgenland weltberühmter sozialdemokratischer Militärstratege. Nur einen Tag vor der Ankündigung des iranischen Generalmajors, Israel auslöschen zu wollen, erklärte Darabos nämlich in dieser Zeitung: „Zudem stellt Israel offenbar Außenfeinde wie den Iran (...) in den Vordergrund, um von inneren sozialen Problemen abzulenken.“

Da wird vermutlich ein Aufatmen der Erleichterung von der libanesischen Grenze im Norden bis nach Eilat im Süden des „zionistischen Gebildes“ gegangen sein. Denn offenbar weiß Herr Darabos besser, viel besser als der iranische Generalstabschef, was Teherans militärische Führung will: nur spielen, sozusagen. Dass der Iran ganz offiziell ankündigt, den Judenstaat militärisch (also in der Praxis: mit Nuklearwaffen) auszulöschen, stellt Darabos als eine Art Finte der israelischen Regierung dar, um „von sozialen Problemen abzulenken“.

Sollte Darabos nicht besser als das iranische Regime wissen, was das iranische Regime beabsichtigt – was doch eher nicht so wahrscheinlich ist – stellt sich die Frage, was den Mann dazu antreibt, die Republik Österreich, auf die er vereidigt ist, international der Lächerlichkeit preiszugeben. Anders als Günther Grass, der ja unlängst durch ganz ähnliches Gerülpse im israelisch-iranischen Kontext ungut aufgefallen ist, kann der 48-jährige Verteidigungsminister ja noch nicht auf Demenz plädieren, auch wenn sich seine Einlassung so anhört.

Dass Darabos bloß das teilweise latent antisemitische Milieu SPÖ-wählender Migranten in Wien bedienen will, ist eher unwahrscheinlich. Das erledigen nämlich ohnehin schon SPÖ-Politiker wie Omar al-Rawi, gern auch bei Demos der Hamas in Wien, ganz virtuos. Aber vielleicht ist der ja gerade auf Urlaub und Darabos musste kurzfristig einspringen.


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Zum Autor:

Christian Ortner ist Kolumnist und Autor in Wien. Er leitet „ortneronline. Das Zentralorgan des Neoliberalismus“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2012)

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