Spätestens seit der Nationalratswahl 2008 haben SPÖ und ÖVP Schulden in Millionenhöhe. Vor diesem Hintergrund erscheint die geplante Erhöhung der Parteienförderung in neuem Licht.
Wien. Auf dem Höhepunkt der Verhandlungen über eine Reform der Parteienfinanzierung soll das Wort Konkurs gefallen sein – warnend ausgesprochen von ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch über ein mögliches Szenario seiner Partei. Bestätigt ist das nicht. Aber es ergäbe Sinn. Denn eineinhalb Jahre vor der Nationalratswahl sind die Regierungsparteien fast pleite.
Der Schuldenstand der SPÖ beläuft sich auf rund fünf Millionen Euro, wie Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter der „Presse“ erklärt hat. Und um die Außenstände der ÖVP ranken sich die abenteuerlichsten Gerüchte: Sie reichen von vier über sechs bis hin zu acht Millionen Euro. Einblick in ihre Finanzen gewährt die Partei nicht: „Kein Kommentar“ zur Schuldenhöhe. Der Finanzreferent der Bundes-ÖVP, der niederösterreichische Landtagspräsident Hans Penz, verhehlt zumindest nicht, dass die finanzielle Situation „angespannt“ sei. Ein Konkurs drohe aber nicht, versichert der Parteikassier.
Doch die Volkspartei hat noch immer alle Mühe, die Altlasten von der (vorgezogenen) Nationalratswahl im September 2008 abzubauen. Damals sollen es acht Millionen Euro gewesen sein. Nicht wenige in der ÖVP vermuten oder glauben sogar zu wissen, dass das Loch in der Parteikasse noch größer war. Penz schweigt dazu beharrlich – nur so viel ist ihm zu entlocken: „Ich habe kräftig abgebaut.“
Einsparungen beim Personal
Die missliche Finanzlage der SPÖ hat ähnliche Ursachen. Durch die Stimmenverluste bei der Nationalratswahl 2008 und Kürzungen bei der Parteienförderung im Sparpaket von Loipersdorf (2010) klagt die Kanzlerpartei über Mindereinnahmen von einer Million Euro im Jahr – bei einem Durchschnittsbudget von zehn Millionen Euro. Kräuter verordnete seiner Partei eine Entschuldungskur, die sich in bewährter SPÖ- bzw. Regierungstradition aus Einsparungen und Einnahmen zusammensetzt: Die Mitgliedsbeiträge wurden erhöht, die Personalkosten reduziert. Im vergangenen Jahr trennte sich die SPÖ von sieben Mitarbeitern. Auch die ÖVP verschlankte notgedrungen ihre Strukturen: Beim Obmannwechsel von Josef Pröll zu Michael Spindelegger wurden beispielsweise die Bereichsleiter eingespart.
Spendenregel: „Wenig Freude“
Dass die Regierung den Parteien und damit auch sich selbst strengere Transparenzregeln auferlegt, macht die Entschuldung nicht gerade leichter – insbesondere für die ÖVP. Ab einer Höhe von 5000 Euro müssen Spenden demnächst offengelegt werden. Das könnte manchen Gönner abschrecken, befürchtet auch ÖVP-Finanzreferent Penz. Bestimmte Personen würden Ideen der ÖVP unterstützen, hätten aber „wenig Freude, wenn dann nachzulesen ist, wie viel sie gespendet haben“.
Andere Maßnahmen im Parteienfinanzierungsgesetz erscheinen angesichts zweier finanzmaroder Regierungsparteien in neuem Licht: Die Wahlkampfkostenobergrenze von sieben Millionen Euro pro Partei könnte auch als Selbstschutzmaßnahme gelesen werden.
Und dann wäre da noch die neue Parteienförderung: Derzeit schüttet der Bund rund 15,3 Millionen Euro pro Jahr an die Parteien aus – künftig sollen es zumindest 31,65 Millionen sein. Die Begründung der Regierung für diese Verdoppelung? Im Gegenzug werde die Wahlkampfkostenrückerstattung gestrichen. Ergo handle es sich um ein Nullsummenspiel.
Allein, die Rechnung geht nicht auf. Denn die staatlichen Ausgaben für die Wahlkampfkostenrückerstattung belaufen sich auf rund 5,3 Millionen Euro im Jahr. Bereinigt um diesen Wert, wird die Parteienförderung unter dem Strich noch immer um elf Millionen Euro erhöht. Wohlgemerkt: nur im Bund.
Wenn diese Änderung, wie geplant, mit 1.Juli in Kraft tritt, bekommen die Parteien bereits im zweiten Halbjahr 2012 mehr Geld. Ausbezahlt würde der Differenzbetrag zur derzeit gültigen Regelung dann im ersten Quartal 2013. Also rechtzeitig vor Wahlkampfbeginn.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2012)