Kritik an Lagarde: "Letzte was wir brauchen, ist Mitleid"

Kritik Lagarde Letzte brauchen
Kritik Lagarde Letzte brauchen(c) Reuters (Dominick Reuter)
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IWF-Chefin Lagarde sorgt für Empörung in Griechenland. Sie kritisierte in einem Interview die Steuermoral der Griechen und bekundete, mehr an die Kinder im afrikanischen Niger als die Menschen in Athen zu denken.

Die IWF-Chefin Christine Lagarde hat mit harten Worten zu Griechenland für Aufregung und Empörung in dem von einer schweren Finanzkrise gebeutelten EU-Land gesorgt. Die Direktorin des Internationalen Währungsfonds hatte in einem Interview mit einer britischen Zeitung die Griechen wegen ihrer schlechten Steuermoral kritisiert und dabei gesagt, sie denke mehr an die Kinder im afrikanischen Niger als an die Menschen in Athen.

"Das Letzte was wir brauchen, ist das Mitleid der Frau Lagarde", sagte dazu am Sonntag der Chef des Bündnisses der radikalen Linken (SYRIZA), Alexis Tsipras. Die große Mehrheit der Griechen zahle Steuern. Warum die Reichen keine Steuern zahlen, solle Lagarde die Sozialisten und Konservative in Athen fragen und sich nicht an die Bürger wenden, meinte Tsipras weiter. Der Chef der griechischen Sozialisten, Evangelos Venizelos, rief Lagarde auf, sich erneut zu überlegen, was sie wirklich sagen wollte. Sie sollte diese Aussagen zurücknehmen.

"Ich sorge mich mehr um die Kinder in einem kleinen Dorf in Niger, die nur zwei Stunden Unterricht am Tag haben und sich zu dritt einen Stuhl in der Schule teilen. Sie brennen darauf, Bildung zu bekommen. An diese Kinder denke ich die ganze Zeit. Denn ich glaube, sie brauchen viel mehr unsere Hilfe als die Menschen in Athen", hatte Lagarde in dem am Samstag veröffentlichten Interview gesagt.

"Ich verstehe nicht, was das soll"

"Ich verstehe nicht, was das soll", meinte Giannis Michelakis, Sprecher der griechischen konservativen Partei Nea Dimokratia. "Es ist als ob man den Kranken, dem man die falsche Medizin gegeben hat, zur Verantwortung zieht."

Die Zeitung fragte auch, ob Lagarde ähnlich wie andere in Europa denke, Griechenland habe es sehr gut gehabt und müsse dafür nun zahlen. Ihre Antwort: "Das ist richtig." Es sei die Aufgabe des IWF und ihr Job, die Wahrheit zu sagen und den Ländern harte Konditionen aufzuerlegen.

Genau drei Wochen vor der erneuten Parlamentswahl zeichnet sich in Griechenland ein spannendes Rennen zwischen der Neue Demokratie (ND) und dem Linksbündnis SYRIZA ab. Insgesamt vier repräsentative Umfragen sehen die Konservativen als stärkste Kraft, die 23,3 bis 25,8 Prozent auf sich vereinen könnte.

Syriza und Demokraten liegen Kopf an Kopf

Die Radikallinken bleiben ihnen jedoch auf den Fersen und erhalten zwischen 20,1 und 23,2 Prozent. Weit abgeschlagen bleibt die sozialistische PASOK mit Umfrageergebnissen zwischen 12,6 und 14 Prozent. In allen Umfragen wollen mehr als 80 Prozent der Befragten, dass Griechenland in der Eurozone bleibt. Diese Umfragen wurden in der griechischen Presse am Sonntag veröffentlicht.

Nach Einschätzung der Meinungsforscher wird keine Partei die absolute Mehrheit im Parlament erreichen. Damit würde sich erneut die Koalitionsfrage stellen: Wer regiert mit wem in dem Land, das vor dem Zusammenbruch steht? Schon bei der Wahl am 6. Mai hatte keine Partei die absolute Mehrheit erreicht. Sondierungsgespräche zur Bildung einer Koalition blieben ohne Ergebnis. Bis zur Neuwahl am 17. Juni wird Griechenland von einer Interimsregierung geführt.

Journalisten streiken

Die Finanzkrise Griechenlands machte sich am Montag auch in den Medien bemerkbar. Aus Protest gegen Entlassungen und verspätete Gehaltszahlungen traten die griechischen Journalisten in einen 24-stündigen Streik. Zu dem Ausstand hatte der Journalistenverband (ESIEA) aufgerufen. Seit 2010 mussten wegen der dramatischen Finanzkrise zwei Traditionszeitungen (die konservative "Apogevmatini" und die linksliberale "Eleftherotypia") schließen.

(Ag.)

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