Schulpsychologen beraten mit Lehrern über die ersten Schultage nach dem Todesdrama. SPÖ und Grüne wollen "Gesetzeslücken" schließen.
Nach dem Mord eines Vaters an seinem Sohn in einer Volksschule in St. Pölten hat am Dienstag die Planung für die Aufarbeitung des Geschehens vom Freitag begonnen. Eine Mitarbeiterin des schulpsychologischen Dienstes des Landeschulrates Niederösterreich bespricht heute, am letzten Tag der Pfingstferien, die weiteren Schritte mit den Lehrern der Volksschule.
Es gehe auch um die Frage, wie viele Fachleute notwendig sein werden und welche Unterstützung die Lehrer an der achtklassigen Volksschule selbst bräuchten, erklärte Andrea Richter, die Leiterin des schulpsychologischen Dienstes.
Schule soll gewohnte Struktur bieten
Die Kinder sollten jedenfalls mit den ihnen vertrauten Lehrern reden oder ihre Eindrücke durch Zeichnungen aufarbeiten. Es brauche eine gewohnte Struktur, daher wird die Schule am Mittwoch "weiterlaufen wie immer", wenn auch der Unterricht eine Zeit lang "zurückgefahren" werde. An der Volksschule in St. Pölten-Wagram werden in den kommenden Tagen aber vermehrt Psychologen anwesend sein - auch, "um gleich vor Ort zu sein", falls Gespräche von Eltern oder Kindern gewünscht werden. Es werde auch eine Gedenkfeier für den Buben an der Schule geplant.
Das offizielle Begräbnis fand am Dienstag am frühen Nachmittag statt. Der Leichnam des Kindes wurde auf dem Friedhof des Stadtteils St. Georgen am Steinfelde beigesetzt. Vor der Schule des Kindes, wo sich die Tat Freitag früh ereignete, brannten am nach Pfingsten noch schulfreien Dienstag zahlreiche Gedenkkerzen. Auch Blumen und Zeichnungen von Mitschülern wurden zur Erinnerung vor dem schwarz beflaggten Gebäude abgelegt.
Der Bub wurde von seinem 37-jährigen Vater am Freitag in der Volksschule in den Kopf geschossen und erlag am Sonntag seinen Verletzungen. Gegen den Vater - er beging nach der Bluttat Selbstmord - war Tage vor dem Todesschuss ein Betretungsverbot ausgesprochen worden.
Ausweitung des Betretungsverbots gefordert
Unterdessen haben sich Vertreter von SPÖ und Grünen für eine Ausweitung des Betretungsverbots ausgesprochen. Beide Parteien beklagen nun "Gesetzeslücken", die schon lange geschlossen hätten werden sollen. So solle ein Betretungsverbot in ein automatisches Kontaktverbot "außerhalb der eigenen vier Wände und vor allem für die Schule und den Kindergarten" münden, forderte die grüne Kinder- und Jugendsprecherin Tanja Windbüchler-Souschill in einer Aussendung.
Das völlige Kontaktverbot könne derzeit nur bei Gericht erwirkt werden, erläuterte der SPÖ-Abgeordnete Anton Heinzl dazu. Dies brauche aber Zeit und bürokratischen Aufwand, die es zum Schutz von unter Gewalt leidenden Angehörigen nicht geben dürfe. "Zudem besteht derzeit im Rahmen der Aussprache eines Betretungsverbots noch keine Informationspflicht für Schulen, Kindergärten oder andere öffentliche Betreuungseinrichtungen. Hier hat der Gesetzgeber zu reagieren, diese Lücken müssen wir unbedingt schließen", stellte Heinzl fest. Die Grünen kündigten an, im Parlament einen Antrag zur Novellierung des Gesetzes einzubringen.
"Wegweisung nicht das geeignete Mittel"
Auch Opferschutzeinrichtungen fordern, die polizeiliche Wegweisungen auf öffentliche Orte wie Schulen und Kindergärten auszuweiten. Eine Informationspflicht für Behörden an Schulen, etc. im Fall von Gewaltausübung sei notwendig. Gegenüber der Staatsanwaltschaft, die sich gegen eine U-Haft für den Mann entschieden hatte, erhob Rosa Logar von der Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie schwere Vorwürfe: "Eine polizeiliche Wegweisung ist bei einem Täter, der wiederholt Gewalt ausübt und droht, nicht das geeignete Mittel. Die Staatsanwaltschaft hätte hier wie im Gesetz vorgesehen die Haft beantragen müssen, dann könnte der Bub noch leben", klagte sie.
(Ag.)