Verbote und ihre Grenzen

Umfassender Kinderschutz lässt sich auch durch strengste Verbote nicht herstellen.

Der achtjährige Berk wird in der Volksschule vom eigenen Vater durch einen gezielten Kopfschuss getötet. Würde das Kind noch leben, wenn man dem Vater zuvor verboten hätte, die Schule zu betreten? Wie wäre es im Falle eines solchen Verbots einer mutigen Lehrerin ergangen, die sich dem mit einer illegalen Pistole bewaffneten Vater in den Weg gestellt hätte? Niemand weiß das; doch so viel ist klar: Kurz vor der Tat hatte die Frau des Schützen ein Betretungsverbot für die gemeinsame Wohnung erwirkt. Genau das war offenbar der Auslöser für den Gang in die Schule.

Das erinnert an Medea, jene Gestalt aus der griechischen Mythologie, die mit Argonautenführer Jason ehelich verbunden war und – als sich dieser abwandte – die gemeinsamen Kinder tötete. Wenn also blindes „Dem-Partner-wehtun-Wollen“ das Motiv war, welches Verbot hätte genützt? Dennoch: Möge zum Schutz der Kinder lieber ein Verbot zu viel, als eines zu wenig verhängt werden. Sicherheit ist damit aber leider nicht garantiert. Das Verbot, einen anderen Menschen zu ermorden, existiert längst. Doch nicht einmal die Androhung lebenslanger Haft hat Berks Vater abgeschreckt.

manfred.seeh@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2012)

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