Fiskalpakt: Iren stimmen über Europas Sparpolitik ab

Iren stimmen über europäischen Fiskalpakt ab
Iren stimmen über europäischen Fiskalpakt ab(c) AP (Peter Morrison)
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Vor der Volksabstimmung am Donnerstag zeichnete sich ein "Ja" für den europäischen Fiskalpakt ab. Irland ist das einzige Land, in dem die Bürger über den Pakt entscheiden.

Europa blickt am Donnerstag gespannt nach Irland: Die Bewohner des Inselstaats stimmen über den europäischen Fiskalpakt ab, mit dem sich 25 der 27 EU-Länder zu mehr Budgetdisziplin verpflichten. Die Wahllokale sollen um 23.00 Uhr schließen. Mit einem Ergebnis wird erst am Freitagnachmittag gerechnet.

In letzten Umfragen zeichnete sich eine Mehrheit für die Befürworter ab. Premierminister Enda Kenny schwor seine Landsleute am Sonntagabend noch einmal in einer Fernsehansprache auf ein "Ja" ein. Zuletzt hat jedoch auch die "Nein"-Kampagne verstärkt Zulauf erhalten. Die Fiskalpakt-Gegner werden vom Vorsitzenden von Sinn Fein, Gerry Adams, angeführt. Allerdings waren bei der jüngsten Befragung auch noch 20 Prozent der Wahlberechtigten unentschieden.

Falls die Iren den Fiskalpakt ablehnen, bedeutet das nicht das Aus des Abkommens. Der Vertrag tritt in Kraft, wenn ihn zwölf der 17 Euro-Länder ratifiziert haben. Ein irisches "Nein" wäre jedoch ein stark negatives Signal für die Befürworter eines strikten Sparkurses in Europa.

Reputation auf griechischem Niveau?

Eine Befürworterin des Fiskalpakts sagte nach Abgabe der Stimme: "Es ist nicht am irischen Volk, das EU-Projekt zum Entgleisen zu bringen." Irlands größte Tageszeitung "Irish Independent" formulierte es drastischer: "Wenn wir mit "Nein" stimmen, sinkt unsere internationale Reputation auf griechisches Niveau."

Die Iren waren Ende 2010 mit 67,5 Milliarden Euro aus Mitteln von EU, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank vor dem Staatsbankrott gerettet worden. Seither hält die Regierung einen strikten Sparkurs ein, gegen den sich zuletzt vermehrt Protest geregt hat.

Irland ist das einzige Land, in dem die Bürger über den Fiskalpakt abstimmen. In Österreich wurde der Pakt im März im Ministerrat beschlossen, der Beschluss im Nationalrat steht noch aus.

Fiskalpakt

SCHÄRFERE BUDGETDISZIPLIN: Die Unterzeichnerstaaten müssen beim Haushaltsdefizit doppelt so scharfe Kriterien erfüllen wie bisher: Das strukturelle - also das von der Konjunkturentwicklung unabhängige - Defizit darf fortan die Grenze von 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht mehr überschreiten. Beim Verfehlen des Ziels werden automatisch Strafverfahren ausgelöst, die nur durch ein Mehrheitsvotum der Unterzeichnerstaaten gestoppt werden können. Zielabweichungen sind nur für Länder erlaubt, deren Gesamtverschuldung "deutlich unter 60 Prozent" der Wirtschaftsleistung liegt.

PFLICHT ZUR SCHULDENBREMSE: Jedes Teilnehmerland muss eine Schuldenbremse im nationalen Recht verankern. Tut es das nicht, droht eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Der kann eine Geldbuße von bis zu 0,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verhängen.

(Ag.)

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