Milliardenabflüsse: Kapitalflucht erreicht Spanien

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Im ersten Quartal haben verunsicherte Anleger und Investoren aus Spanien netto fast 100 Mrd. Euro abgezogen. Ein in der Geschichte des Landes noch nie da gewesener Rekordabfluss. Scharfe Kritik übt indes die EZB.

Madrid/wien/ju/ag. Beunruhigende Daten hat die spanische Nationalbank am Donnerstag veröffentlicht: Offenkundig haben Anleger und Investoren in großem Stil begonnen, Geld aus dem mit ernsthaften wirtschaftlichen Problemen kämpfenden Land abzuziehen. In den ersten drei Monaten dieses Jahres weist die Bilanz jedenfalls einen Nettokapitalabfluss von sagenhaften 97,09 Mrd. Euro aus. Ein in der Geschichte des Landes noch nie da gewesener Rekordabfluss. Zum Vergleich: In den ersten drei Monaten des Vorjahres ist noch ein Nettozufluss von 20,89 Mrd. Euro registriert worden.

Besonders beunruhigt sind die Experten über die Beschleunigung der Entwicklung: Im Jänner sind netto 5,34 Mrd. Euro aus Spanien abgeflossen, im Februar schon 25,5 Mrd. und im März die Monatsrekordsumme von 66,2 Mrd. Euro. Neuere Daten liegen noch nicht vor. Nachdem die Krise aber in den vergangenen Monaten weiter eskaliert ist, dürften diese Werte im Mai und Juni noch deutlich übertroffen worden sein.

Eine der Hauptursachen der Abflüsse ist der Rückzug ausländischer Investoren aus spanischen Aktien, Anleihen und Immobilien. Offenbar beginnen aber auch spanische Anleger – wie in Griechenland – Teile ihres Vermögens im Ausland in Sicherheit zu bringen. Nach den jüngsten Globaldaten der EZB sind die Einlagen bei Banken der Krisenländer (Spanien, Portugal, Griechenland, Italien, Irland) zuletzt um 3,2 Prozent geschrumpft, im „sicheren“ Deutschland und in Frankreich dagegen um 6,3 Prozent gestiegen.

Experten fürchten nun, dass der Abzug von Guthaben „Bank Run“-ähnliche Dimensionen annimmt. Das würde keines der Länder verkraften – und eine „wirklich große Maßnahme“ der EZB nötig machen, hieß es gestern.
Die meisten Südländer haben ihre ohnehin viel zu kleinen nationalen Garantiefonds bereits für andere Zwecke angezapft. Der spanische Fonds etwa hat gerade noch 6,6 Mrd. Euro – bei Bankeinlagen von 931 Mrd. Euro. In einigen Ländern seien die Einlagensicherungsfonds bereits zur Gänze abgeschmolzen, weil das Geld für Bankenrettungen verwendet wurde, zitiert die Nachrichtenagentur Bloomberg einen britischen Bankwesenspezialisten.

Scharfe EZB-Kritik an Regierung

Scharfe Kritik am Umgang der spanischen Regierung mit der Rettung der Großbank Bankia übt unterdessen die EZB: Spanische Zeitungen zitieren EZB-Chef Mario Draghi mit den Worten, die Regierung habe „auf schlechtestmögliche und teuerste Art“ auf die Probleme der Großbank reagiert. Die EZB werde hier jedenfalls nicht als Retter einspringen. Draghi: „Kann die EZB das Vakuum füllen, das durch das Versagen nationaler Regierungen entsteht? Die Antwort ist: Nein!“

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