Doppelmayr: Herren der internationalen Lüfte

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Seilbahnbetreiber kaufen nicht alle Jahre neues Gerät, Hersteller müssen sich daher breit aufstellen. Die Vorarlberger Firma Doppelmayr ist in 87 Märkten weltweit tätig – in Skigebieten, aber auch im Nahverkehr.

Wolfurt. Die Olympischen Winterspiele im Sotschi liegen noch in weiter Ferne – das Skispektakel in Russland geht erst 2014 über die Bühne. In hohen Produktionshallen in Wolfurt bei Bregenz lässt sich jedoch bereits erahnen, welche Investitionen für die Spiele getätigt werden. Mitarbeiter der Firma Doppelmayr bauen die Talstation einer Seilbahn ab – deren Bestimmungsort: Sotschi. Bevor sie dort montiert werden kann, muss sie jedoch bereits einmal in den Produktionshallen zusammengebaut werden, um sicherzustellen, dass kein Teil fehlt.

40 Seilbahnen baut die Vorarlberger Firma Doppelmayr in Sotschi für unterschiedliche Auftraggeber. Der Großteil ist für die Spiele bestimmt, doch Aufträge folgen auch darüber hinaus.

Das bedeutet ein Auftragsvolumen im dreistelligen Millionenbereich. Dass ein komplett neues Skigebiet aus dem Boden gestampft wird, kommt in den etablierten Skimärkten dieser Welt – Schweiz, Österreich, Frankreich, Italien – nicht mehr oft vor.  Ganz anders in Sotschi, Aserbaidschan oder Georgien: „Das sind unsere Wachstumsmärkte“, sagt Michael Doppelmayr, der das Familienunternehmen in vierter Generation führt.

Mit einem Anteil von 80 Prozent ersetzen die meisten Seilbahnen, die das Unternehmen ausliefert, alte Anlagen. Im Durchschnitt alle 25 Jahre tauschen österreichische Seilbahnbetreiber ihre Garnituren aus. Meist jedoch nicht aus technischen Gründen: Der Kunde verlangt nach immer mehr Komfort. Das beginnt mit dem Bau von Bahnen mit mehr, aber kleineren Gondeln, da sich Skifahrer nur ungern mit 120 anderen Personen in eine Kabine zwängen. Geht weiter mit der Sitzheizung für den Sessellift, die Doppelmayr seit 2004 herstellt. Und endet bei den Bügeln neuerer Sessellift-Modelle, die  in der Tal- und Bergstation von selbst schließen beziehungsweise öffnen.

Expansion begann im Jahr 1952

Artur Doppelmayr, Vater des aktuellen Firmenchefs, erkannte recht früh, dass ein Seilbahnhersteller von einem oder zwei Skimärkten nur schwer leben kann. Die Nachfrage in einzelnen Märkten unterliegt extremen Schwankungen: „In einem Jahr werden fünf Seilbahnen bestellt, im nächsten gar keine“, wie Firmensprecher Ekkehard Assmann sagt.

1952 baute Doppelmayr den ersten Schlepplift in der Schweiz, 1953 folgte der erste im Überseemarkt Kanada. Heute ist das Unternehmen in 87 Märkten weltweit tätig und produziert teilweise vor Ort, etwa in China oder Russland.

Der größte Teil der Produktion kommt jedoch nach wie vor aus Österreich. Am Firmensitz in Wolfurt unterhält die Firma drei Fertigungsstandorte für die Seilbahnen, an einem weiteren in Bludenz werden die Sessel für die Lifte gefertigt. Der Seilbahnbereich des Unternehmens beschäftigt rund 800 Mitarbeiter in Österreich, weltweit sind 2214 Mitarbeiter bei Doppelmayr tätig.

Überlegungen, die Produktion ins billigere Ausland zu verlagern, stellt der Firmenchef keine an: Die Arbeitsmoral der heimischen Mitarbeiter sei hoch. Fertigung und Montage in den Skigebieten konzentrieren sich auf wenige Monate im Jahr. „Da brauchen wir Leute, die wirklich arbeiten können.“

Die Fluktuation  sei in Nordamerika oder in Russland viel höher: „Wenn Mitarbeiter in Russland ein gewisses Niveau erreicht haben, etwa Englisch können, verlassen sie das Unternehmen in Richtung Bank.“ 80 Prozent des Umsatzes wird – über Export oder Produktion vor Ort – im Ausland erwirtschaftet.

Die Skimärkte Frankreich, Italien und Schweiz zeichnen für 29 Prozent des Umsatzes verantwortlich, auf Österreich und Deutschland entfallen in Summe 23 Prozent. In den USA und Kanada werden 12 Prozent des Umsatzes generiert. Das stärkste Wachstum erfolgte unternehmensweit in den vergangen zehn bis 15 Jahren, sagt Assmann.

Familienfehde nicht ausgefochten

Auch weil sich die Angebotspalette verbreitert hat. Neben Seilbahnen für die Wintersportorte bauen die Vorarlberger auch sogenannte „Cable Liner“ – Züge, die von einem Seil gezogen werden. Städte setzen Seilbahnen zunehmend als Transportmittel im Stadtverkehr ein: So verbindet eine Seilbahn im venezolanischen San Agustín die Armenviertel an den Berghängen mit der Innenstadt, die Bewohner von London erhalten in Kürze einen Luftweg über die Themse (siehe Artikel unten).

Die Doppelmayr Holding, zu der seit 2002 auch der Schweizer Betrieb Garaventa gehört, ist zu 100 Prozent in Familienbesitz. Firmenchef Michael Doppelmayr und sein Vater Artur halten je zehn Prozent am Unternehmen, 80 Prozent hält die AMD (Artur Michael Doppelmayr) Privatstiftung. Trotz des internationalen Erfolgs hängt der Haussegen seit Jahren schief. Artur Doppelmayr musste den Aufsichtsrat des Unternehmens verlassen, nachdem er die Fusion mit Garaventa kritisiert hatte. Den Einfluss auf die gemeinsame Privatstiftung sieht er schwinden, was in Anträge auf Sonderprüfungen und Klagen mündete. Die Fehde hält an, Firmenchef Michael Doppelmayr kommentiert sie nur knapp: „Wir sind in der Lage, operativ hervorragend zu arbeiten, die Ergebnisse sind gut – das war's.“

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