Ein geheimer Masterplan für Europa?

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Die eskalierende Eurokrise zwingt die Euroländer näher zusammenzurücken. Pläne für eine "Zentralisierung" der Budgetpolitik sollen demnächst präsentiert werden.

Wien/Berlin/Red./Ag. Der jüngste Vorschlag des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy zur Schaffung einer „Fiskalbehörde für die Eurozone“ mit starken Durchgriffsrechten in die nationalen Budgets ist in Brüssel zwar reserviert aufgenommen worden, offenbar wird die Eurokrise aber doch zu einem wesentlich engeren Zusammenrücken der Eurozone führen: Die deutsche Zeitung „Welt am Sonntag“ etwa berichtet in ihrer jüngsten Ausgabe von einem geheimen „Masterplan“ für eine Neugestaltung der Eurozone, an dem EU-Ratspräsident Herman van Rompuy, Kommissionschef José Manuel Barroso, Euro-Gruppen-Vorsitzender Jean-Claude Juncker und EZB-Chef Mario Draghi gerade arbeiten.

Der Auftrag dazu sei beim jüngsten informellen Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs am 23. Mai erteilt worden, die Eckpunkte des Plans sollen beim EU-Gipfel Ende Juni in Paris präsentiert werden, hieß es.

Beraten werde unter anderem über eine Bankenunion, eine stärkere Fiskalunion und eine echte politische Union, schreibt das Blatt. Ohne intensive weitere Integration sei die Eurozone nicht zu halten, wird ein „hoher EU-Vertreter“ zitiert.

Rajoy: „Budgethoheit abgeben“

Der am Samstag von Rajoy unterbreitete Vorschlag für eine Fiskalbehörde war ganz in die Richtung dieses „geheimen Masterplans“ gegangen: Der spanische Ministerpräsident hatte vorgeschlagen, dass die Euroländer beträchtliche Teile ihrer nationalen Haushaltshoheit an eine neu zu schaffende zentrale Behörde abgeben. Diese solle „die Fiskalpolitik in der Eurozone vorgeben, in den Mitgliedsländern harmonisieren und eine zentralisierte Kontrolle der öffentlichen Finanzen durch Brüssel sicherstellen“.

Die Reaktion auf den Rajoy-Vorstoß war aber zumindest in Brüssel eher kühl: Der EU-Fiskalpakt sehe die Schaffung einer solchen Behörde ohnehin schon vor, sagte ein Sprecher von Währungskommissar Olli Rehn. Die Kommission werde künftig schon frühzeitig in die nationalen Haushaltsplanungen eingreifen können.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel drängte am Wochenende auf Zustimmung der deutschen Oppositionsparteien zu diesem Fiskalpakt sowie zum europäischen Rettungsschirm ESM. Die Lage der Eurozone sei nämlich wieder „ziemlich fragil“, meinte Merkel.

Tatsächlich hatte es am Wochenende eine Reihe von Stimmen gegeben, die vor einer dramatischen Eskalation der Krise warnten, falls nicht schnell gehandelt werde. Der US-Investor George Soros etwa sagte, Deutschland habe „drei Monate für die Eurorettung“. Ansonsten werde die Krise die EU „zerstören und in ein verlorenes Jahrzehnt stürzen“, wie dies etwa in den Neunzigerjahren in Südamerika der Fall gewesen sei.

Soros meinte, es müssten „Instrumente geschaffen werden, die es hoch verschuldeten Ländern ermöglichen, ihre Kreditkosten zu senken“. Das wären etwa Eurobonds, die aber von Deutschland weiter strikt abgelehnt werden. Zudem müsse es einen Einlagensicherungsfonds für Europa und direkte Zugriffsmöglichkeiten für Banken auf den Euro-Rettungsfonds geben.

Hoffnungen in den vom französischen Präsidenten François Hollande forcierten „EU-Wachstumspakt“ könnten unterdessen überzogen sein: Der Präsident der Europäischen Investitionsbank, Werner Hoyer, sagte am Samstag, es gebe Zweifel an „der Wirksamkeit solcher Impulse und deren Schnelllebigkeit“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.06.2012)

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