Kanada erwartet rasche Auslieferung des „Schlächters von Montreal“

(c) EPA (MONTREAL POLICE / HANDOUT)
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Der Betreiber des Berliner Internetcafés, in dem der mutmaßliche Mörder am Montag festgenommen wurde, ist in Kanada über Nacht zur Berühmtheit geworden. Augenmerk richtet sich nun auf das Auslieferungsverfahren.

Jetzt kennen die Kanadier den freundlich lächelnden Betreiber des Internetcafés „Spätkauf“ im Berliner Bezirk Neukölln und auch Berlins Polizeisprecher Stefan Redlich. In den Nachrichtensendungen auf allen kanadischen TV-Kanälen waren sie immer wieder zu sehen. Kadir Anlayisli, seine Kollegen und die Berliner Polizei – sie sind die Helden, die die Jagd auf den mutmaßlichen Mörder Luka Rocco Magnotta (29) beendeten, dem Tötung und Zerstückelung eines 33-jährigen Studenten aus China vorgeworfen wird.

Das Augenmerk richtet sich nun auf das Auslieferungsverfahren. Kanadas Justiz hofft auf eine rasche Überstellung Magnottas. Eine Sprecherin des Justizministers sagte, Kanada werde den formellen Antrag auf Auslieferung zusammen „mit den Dokumenten, die die Beweise zur Unterstützung des Antrags darlegen“, nach Berlin übermitteln. Dass Magnotta keinen Einspruch gegen die Auslieferung einbringen will, wird das Verfahren beschleunigen. Zwischen Kanada und Deutschland besteht ein Auslieferungsabkommen.

Erster Fall für Jungpolizisten

Was sich am Montagabend in dem Berliner Internetcafé abspielte, war nicht nur für den Besitzer, sonder auch für eine Gruppe Berliner Jungpolizisten eine Premiere: Noch mitten in ihrer Ausbildung konnten sie einen weltweit gesuchten mutmaßlichen Mörder festnehmen. Die Gruppenstreife fuhr am Montag durch Neukölln, als der Besitzer des Cafés auf die Straße sprang und einen der drei Wagen anhielt. Weil er „viel lese“, habe er Magnotta gleich erkannt, erklärte der Cafébetreiber später.

Der mutmaßliche „Schlächter aus Montreal“ hatte ihn auf Französisch nach einem Internetzugang gefragt. Er sah sich online Pornos an und informierte sich über den Stand der Interpol-Fahndung gegen ihn. Der 29-Jährige war mit dem Flugzeug von Kanada nach Paris geflohen, hatte dort mehrfach sein Hotel gewechselt und war schließlich per Bus weiter nach Berlin geflüchtet.



Gegenüber den Jungpolizisten versuchte er es erst mit einem falschen Namen, doch als sie auf einen Ausweis bestanden, wurde er immer nervöser und resignierte schließlich: „You've got me“. Nun hält die deutsche Polizei Magnotta, der eigentlich Eric Newman heißt, in Gewahrsam.

Über jedes Detail der Festnahme in Neukölln (hilfsweise mit „New Cologne“ übersetzt) und der weiteren Entwicklungen vom Dienstag wurden in den kanadischen Medien berichtet: Dass Magnotta die Nacht in Einzelhaft verbracht hatte, dass er gut geschlafen und am Dienstag sein Frühstück „ohne Zwischenfall“ zu sich genommen habe – und dass am Dienstag ein Haftrichter in das Gefängnis kommen sollte.

An einem Denkmal auf dem Gelände der Concordia-Universität, an der Magnottas Opfer, der chinesische Student Lin Jun, studierte, wurden Blumen niedergelegt. Magnotta, der als Pornodarsteller arbeitete, soll seinen Geliebten am 24. oder 25. Mai vor laufender Kamera mit einem Eispickel getötet und dann zerstückelt haben. Das Video der Tat stellte er stolz ins Internet. Per Post soll er dann einen Fuß und eine Hand an die Zentralen der Konservativen und der Liberalen Partei in Ottawa geschickt haben.

Alte Fälle neu aufgerollt

Der  konservative kanadische Premierminister Stephen Harper zeigte sich in London, wo er an den derzeitigen Feiern zu Ehren der Queen teilnimmt, erleichtert über die Festnahme. „Ich möchte den Polizeikräften zu ihrer guten Arbeit gratulieren“, sagte Harper.

Doch für Montreals Polizei ist die Arbeit noch nicht abgeschlossen: Ungeklärte Fälle werden nun erneut unter die Lupe genommen. Außerdem fehlen noch immer einige Körperteile des Opfers.

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