Die Innenminister weichen das Schengen-Abkommen für „Notfallsituationen“ auf. Österreichs Innenministerin schloss nicht aus, dass der Mechanismus bereits im Fall Griechenlands zur Anwendung gelangen könnte
Luxemburg/Apa/Red. Was als Reform bezeichnet wird, ist nichts weniger als eine signifikante Aufweichung des Schengener Abkommens: Die EU-Innenminister einigten sich am Donnerstag in Luxemburg auf einen Mechanismus, der Staaten im Fall von außergewöhnlichen Umständen die Wiedereinführung von Grenzkontrollen ermöglicht – und zwar für bis zu zwei Jahre. Die Maßnahme soll zunächst für ein halbes Jahr gelten, bei Bedarf aber dreimal verlängert werden können.
Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner schloss nicht aus, dass der Mechanismus bereits im Fall Griechenlands zur Anwendung gelangen könnte, „wenn die innere Sicherheit in Gefahr ist“. Sie betonte aber auch, dass es „derzeit keine Veranlassung dazu“ gebe. Ein Grund für die Reform war die Flüchtlingssituation in Griechenland gewesen.
Die Staaten können die Kontrollen freilich nicht eigenmächtig wieder einführen. Zunächst muss die EU-Kommission die Situation evaluieren, dann kann der Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit eine Empfehlung beschließen.
Kritik kam seitens der Grünen: „Mit diesem Beschluss legen die Innenminister die Axt an die Reisefreiheit, eine der größten Errungenschaften der EU“, sagte die EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2012)