„Kleiner“ Rettungsschirm für Spanien

(c) AP (Daniel Ochoa de Olza)
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Die Investoren haben Spanien am Donnerstag frisches Geld gegeben, wenn auch zu höheren Zinsen. Brüssel präsentiert Vorschläge für eine „Bankenunion“.

Wien/Ag./Hie. Wer diese Worte des spanischen Finanzministers gehört hat, dürfte Schlimmeres erwartet haben: Die Tür zum Markt sei geschlossen, sagte Cristóbal Montoro am Dienstag. Die Märkte seien Spanien bei den derzeitigen Zinsen nicht mehr zugänglich. Entsprechend hoch war die Spannung im Vorfeld der Anleihenauktion am gestrigen Donnerstag. Doch es kam nicht so schlimm: Die Märkte haben dem Land zehnjährige Anleihen im Wert von 2,1 Mrd. Euro abgekauft. Und Spanien musste dafür „nur“ 6,044 Prozent Zinsen zahlen.

Das ist zwar mehr als sechs Prozent, jene Grenze, die für das Land als kritisch eingestuft wird. Und mit knapp über zwei Mrd. Euro handelte es sich auch um ein eher geringes Anleihenvolumen. Aber Spanien musste auch schon einmal tiefer in die Tasche greifen, um frisches Geld zu bekommen. Die Nachfrage nach den Anleihen des iberischen Problemlandes war 3,3-mal so hoch wie das Angebot.

Analysten werteten die Auktion als positiv. Aber der Trend steigender Renditen werde so nicht umgekehrt, sagte etwa Peter Chatwell von der Crédit Agricole. Entwarnung ist also nicht in Sicht. Die alarmierenden Worte des spanischen Finanzministers wurden als Hinweis gedeutet, dass Spanien die EU um finanzielle Hilfe bitten wird. Die Spekulationen halten auch nach der Auktion an. Unmittelbare Pläne für einen Hilfsantrag für die schwer angeschlagene Bankenbranche gebe es nicht, so Wirtschaftsminister Luis de Guindos.

Banken brauchen 80 Milliarden

Spanien will nicht mit den Problemländern Griechenland, Irland und Portugal in einen Topf geworfen werden. Tatsächlich ist die Situation anders. Spanien hat, anders als etwa Griechenland, eine starke Industrie und eine Regierung, die es mit den Reformen ernst meint. Doch das Land ächzt unter seinem Bankensektor. Denn viele Privatpersonen können ihre Kredite, die sie in guten Zeiten aufgenommen haben, nicht zurückzahlen. Laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) brauchen Spaniens Banken zwischen 40 und 80 Mrd. Euro. Das berichten spanische Medien. Allein die Bankia, das viertgrößte Institut des Landes, braucht über 20 Mrd. Euro Hilfe (die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits). Mit einem Hilfspaket für Spanien wären wie im Fall Griechenlands weitreichende Auflagen verbunden, was die Regierung in Madrid ablehnt. Deutschland machte jedoch umgehend klar, dass sich Spanien keine Ausnahmebehandlung erwarten dürfe.

Spanien könnte allerdings unter einen „kleinen“ Rettungsschirm schlüpfen und nur Bankenhilfe in Anspruch nehmen. Ein solcher ist im Rahmenvertrag für den aktuellen Euro-Fonds EFSF vorgesehen. Damit wären auch die Reformauflagen weitgehend auf den Bankensektor beschränkt. Großbritannien forderte die Euroländer am Donnerstag zu einer Finanzspritze für spanische Banken auf. Auch Ewald Nowotny, Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, empfahl Spanien in einem ORF-Interview, unter den Rettungsschirm zu schlüpfen.

Laut Douglas Flint, dem neuen Chef des Weltbankenverbandes IIF, sei die Bewältigung der Schuldenkrise in Europa ein Kraftakt: „Die Herausforderungen, die vor uns liegen, sind immens“, so Flint,

Mehr Macht für die Aufseher

Auch EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier sieht Handlungsbedarf. Er präsentierte am Mittwoch seinen Vorschlag für eine „Bankenunion“: Demnach könnten kriselnde Banken künftig geschlossen werden. Alle 27 EU-Länder sollen nach deutschem Vorbild eigene Krisenfonds einrichten, um marode Banken zu sanieren und abzuwickeln. Der Fonds soll sich aus Abgaben der rund 8300 europäischen Banken speisen. Zudem sollen die Bankenaufseher mehr Macht bekommen. Auch eine gemeinsame Einlagensicherung ist geplant. Damit sollen die Steuerzahler entlastet werden, so Barnier. Die Banken in der EU hätten von Oktober 2008 und Oktober 2011 Staatshilfen im Umfang von 4500 Mrd. Euro erhalten.

Auf einen Blick

Spaniens Banken werden zunehmend zum Problem. Zwar konnte sich das Land mit frischem Geld versorgen, musste dafür aber tiefer in die Tasche greifen. Laut dem Internationalen Währungsfonds brauchen Spaniens Banken bis zu 80 Mrd. Euro. Die EU-Kommission will unterdessen eine „Bankenunion“ gründen und die Macht der Aufseher stärken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2012)

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