Pressestimmen
Pressestimmen: ''Jedes Land hat seine Blutspur''
''Süddeutsche Zeitung'' (München)
"Die Bilder und Nachrichten aus Syrien sind furchtbar. Doch niemand sollte sich von ihnen dazu verleiten lassen, ein Eingreifen mit Soldaten zu erwägen. Denn mit der militärischen Option ist es wie mit der atomaren Abschreckung: Sie wirkt politisch nur, wenn sie glaubwürdig ist. Aber das ist sie im Falle Syriens nicht. Die militärische Option ist eine leere Drohung. Der Machthaber Bashar al-Assad muss nicht wirklich fürchten, dass die NATO oder die Europäer ihm und seinem Regime mit Gewalt an den Kragen gehen. Denn sie können es nicht und sie wollen es nicht. (...) Zum Ende des Libyen-Krieges wäre dem Bündnis beinahe die Munition ausgegangen und die Arsenale dürften noch nicht wieder aufgefüllt sein. Außerdem haben alle Bündnisländer die militärisch schwierige und finanziell zusätzlich belastende Rückzugsoperation aus Afghanistan vor sich. Damaskus kann schon allein deswegen der Spekulation über ein militärisches Eingreifen relativ gelassen zusehen."
''Die Welt'' (Berlin)
"Syrien ist nicht Libyen, und es ist nicht der Irak und auch nicht Afghanistan. Syrien ist Syrien. Jedes Land hat seine eigene Blutspur. Seit über einem Jahr kämpfen dort diverse Oppositionsgruppen gegen die Truppen Bashar al-Assads, und der Blutzoll wird immer größer. Syrien ist nicht Libyen, weil man dort, von Vereinten Nationen und Arabischer Liga gedeckt, aus der Luft für einen Ausgleich der Kräfte und späteren Sieg der Opposition sorgte. Und auch in Libyen ist heute alles nicht so, wie sich dies der idealistische Demokrat vorstellt. Doch die anhaltende Unerbittlichkeit, mit der das Assad-Regime gegen Gegner vorgeht, kann von niemandem hingenommen werden. Natürlich muss der Druck auf allen Ebenen erhöht werden, und eine militärische Intervention sollte immer Option sein. Auch Russland und China werden nicht ewig Nein sagen können. (...) Assad wird besiegt werden, fürchten wir uns aber nicht nur davor, was danach kommt. Die Idee der Freiheit ist die beste Idee, die wir haben."
''The Times'' (London)
"Trotz der Spaltungen zwischen den Ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates müssen rasch Gespräche zwischen einer Kontaktgruppe dieser Länder und der Arabischen Liga, der Türkei und anderen Nachbarstaaten Syriens eingeleitet werden. Sie sollten prüfen, ob es innerhalb des Assad-Regimes Elemente gibt, auf die man setzen könnte, so wie sich das Regime Muammar al-Gaddafis in Libyen letztendlich als hohl herausgestellt hat. Sie sollten auch Sicherheitszonen in den Grenzgebieten einrichten, um den Syrern Schutz zu bieten. Und sie sollten überlegen, ob nicht unbemannte Drohnen die Militärkräfte Assads angreifen könnten. Russland hat bisher eine Behinderungspolitik betrieben, doch es sollte zumindest um die Sicherheit seiner Staatsangehörigen in Syrien besorgt sein."
''Berner Zeitung''
"Wer jetzt noch am Waffenstillstandsplan von Kofi Annan festhalten will, dem ist nicht mehr zu helfen. Seine nicht nur vom Assad-Regime sabotierten Anstrengungen verdienen dennoch Respekt. Warum? Weil die 'Pläne B und C', die jetzt diskutiert werden, noch schlechter oder gar verheerend sind. Verheerend wäre eine von den USA angeführte Militärintervention. Sie würde einen Krieg auslösen, der sich nicht auf Syrien beschränken, sondern auf alle Nachbarstaaten des krisengeschüttelten Landes übergreifen würde. Betroffen wäre vor allem der Libanon, aber auch der Irak und vielleicht Jordanien und die Türkei würden in einen Krieg involviert."
''Hamburger Abendblatt'':
"Aus eiskaltem Machtkalkül blockiert Russland alle ernsthaften Versuche, weitere Massaker in Syrien durch massiven Druck auf Assad abzuwenden. (...) Wladimir Putin weiß, dass er im Westen damit den letzten moralischen Kredit verspielt. Aber ihm geht es langfristig nicht nur um Russlands Marinestützpunkt und das Rüstungsgeschäft; es geht um die Schaffung eines globalen Machtinstruments zur Aushebelung der NATO, vor allem der Amerikaner. Niemand - der Iran schon gar nicht - will nach Libyen einen weiteren Präzedenzfall schaffen, bei dem die Staatengemeinschaft zulasten eines tyrannischen Regimes interveniert. Diese brisante Gemengelage, in der die NATO, die UNO, Russland, China, der Iran mit der Hisbollah und der Hamas sowie die Shanghai-Gruppe und am Rande Israel eine Rolle spielen, gleicht einem Blindekuhspiel in einem Minenfeld. Das ist der Grund, warum sich in dieser Krise niemand wirklich bewegt..."