Erfolgsformationen im Umbruch

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Wie sind Österreichs Unternehmen gestrickt? Welche Strategien werden angewandt, um auf veränderte Marktbedingungen zu reagieren? Ein Hernstein-Report über Muster.

Wie man sich aufstellt, so spielt man – das wissen nicht nur Fußballprofis. Auch in Unternehmen ist die Struktur der Organisation mitentscheidend für ihren Erfolg. Vor allem bei Veränderungen auf dem Markt machen sich die jeweiligen Vor- und Nachteile unterschiedlicher Strukturen bemerkbar.

Mächtige Traditionen

Die meisten österreichischen Unternehmen sind, so das deutliche Ergebnis des jüngsten Hernstein-Reports „Organisationsstrukturen“, als Stabs- und Linienorganisationen geführt (siehe Grafik/Kasten). 300 Manager, Abteilungs- und Projektleiter wurden dazu in Österreich, Deutschland und der Schweiz befragt – mit eindeutigen Ergebnissen: „So klassisch die grundsätzliche Struktur ist – bei der Lösung von Problemen wird meist eine andere Organisationsform gewählt“, so Katharina Lichtmannegger, Leiterin des Hernstein-Instituts. Da die Stabs- und Linienorganisationen hierarchisch und klar organisiert sind – die Kommunikation verläuft von oben nach unten, Entscheidungen werden in der Chefetage gebündelt –, reagieren Unternehmen daher meist mit „Zusatzorganisationen“, die neben der klassischen Struktur zum Einsatz kommen oder mit ihr verknüpft werden.

Netzwerk neben „Old Fashion“

Um auf Veränderungen auf dem Markt adäquat reagieren zu können, setzen 70Prozent der Deutschen und jeweils 49Prozent der Österreicher und Schweizer auf die Einführung von Projektteams. Sie sollen in unterschiedlichen Funktionsbereichen eingesetzt werden und interdisziplinär arbeiten. Fast ebenso beliebt ist die Bildung von Netzwerken (Ö: 47, D: 54, CH: 48Prozent). Dabei wird versucht, neue Erkenntnisse zu gewinnen und weiter zu verarbeiten. In großen Unternehmen können so zum Beispiel auch – unabhängig von der Alltagsstruktur – interessierte Mitarbeiter per Internet konkrete Problemlösungen oder kreative Inputs liefern und im Erfolgsfall als eigenes Team weiterarbeiten. Auch Strategiemeetings, Managementteams und andere Kommunikationsplattformen werden gerne ins Leben gerufen (Ö: 50, D: 42, CH: 31Prozent), um schnell und effizient konkrete Maßnahmen erarbeiten zu können. Doch die bewährten Strukturen führen – vor allem in Österreich – auch noch gerne zu „Old fashioned“-Verfahren. Immerhin 18Prozent der heimischen befragten Chefs gaben an, dass ausschließlich der Druck auf die Führungskräfte erhöht wird (D: 8, CH: 12Prozent), andere Maßnahmen aber nicht getroffen werden, und 17Prozent setzten auf schnelle Entscheidungen im Alleingang (D: 10, CH: 14Prozent). „Zukunftstauglich sind solche Strategien sicher nicht“, meint Lichtmannegger.

Völlige Umorganisationen sind selten – und nicht notwendig: Für die meisten Befragten passt die Struktur „zu 100 Prozent“ oder „großteils“ zur Art des Unternehmens (Ö: 94, D: 79, CH: 92Prozent). So schätzt man bei nach Funktionen gegliederten Stabs- und Linienorganisationen (funktionale Organisation) die Entstehung fachlicher Expertise und persönliche Entwicklungsmöglichkeit. Wird nach Geschäftsfeldern organisiert, stehen diesen Vorteilen, vor allem der Eigenverantwortlichkeit, eine abnehmende Klarheit in der Führungsverantwortlichkeit entgegen. Nur in Deutschland sehen neun Prozent Differenzen zwischen Struktur und Anforderung.

Alles Verhandlungssache

Klärungsbedarf scheint es bei den Vorrangregeln der Schnittstellen zu geben: Nur 37Prozent der Befragten sahen die Vorgaben als sehr klar definiert – und 48Prozent als eher klar. Das scheint erst einmal negativ zu sein – ist es aber bei näherer Betrachtungweise aber nicht unbedingt. „Wenn alles sehr klar ist, bleibt nichts, worüber verhandelt werden kann. Es gibt kaum Freiraum für einzelne Verantwortliche“, so Lichtmannegger. „Doch wer einen fixen Rahmen hat, in dem er sich bewegen kann, und weiß, mit wem er über was zu verhandeln hat, kann damit auch neue Wege und Lösungen finden.“

Auf einen Blick:Organisationsdesigns in Österreichs Unternehmen

Linienorganisation:
klare hierarchisch gegliederte Struktur von oben nach unten
lange Kommunikationswege Stabsorganisation:
Erweiterung der Linienorganisation durch spezielle Einheiten mit eigenständigen Bereichen
erhöhter Verwaltungs- und Kostenaufwand
Projektorganisation:
Aufgabenorientiertes Arbeiten in Gruppen quer zur Hierarchie ermöglicht flexibles Agieren und Bearbeiten komplexer Probleme.
Widerspruch zwischen Organisation und Team muss kontinuierlich bearbeitet werden.
Prozessorganisation:
Ausrichtung interner Prozesse entlang der Kernprozesskette
Kundenorientierte Problemlösung
Zusammenarbeit erfordert hohen Teamgeist.
Hoher Koordinationsaufwand Netzwerkorganisation
Vorteile verschiedener Organisationen werden kombiniert.
Kann schnell und flexibel auf Marktbedürfnisse reagieren
Steuerung ist komplexe Herausforderung.
Matrixorganisation:
Strukturen werden miteinander verknüpft/überschneiden sich.
große Ressourcen, mit Herausforderungen fertigzuwerden
viel Verhandlungs-/Abstimmungsaufwand

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.hernstein.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2012)

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