Felderer: Banken verdienen in Osteuropa sehr gut

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Der Chef des Staatsschuldenausschusses verteidigt angesichts des Bonitätsverlustes die Expansion auf den Balkan. Als Alternative für die Zukunft erachtet Felderer die neuen EU-Regeln für Bankenpleiten.

Die österreichischen Großbanken Raiffeisen Bank International (RBI), UniCredit Bank Austria und Erste Group, deren Kreditwürdigkeit von der Ratingagentur Moody's vor wenigen Tagen wegen ihres milliardenschweren Ost-Engagements herabgestuft wurde, haben sich in Osteuropa „sicher nicht“ übernommen. Das sagte der Chef des Staatsschuldenausschusses, Bernhard Felderer, am Sonntag in der ORF-Pressestunde.

Diese Banken würden in Osteuropa wesentlich mehr verdienen als in Österreich, räumte Felderer, der bis vor Kurzem Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS) war, ein. Die Expansion nach Osteuropa sei richtig gewesen. Felderer verwies im Zusammenhang mit der Bonitätsherabstufung auf die Aussagen des US-Wirtschaftsnobelpreisträgers Paul Krugman: „Der kluge Herr Krugman hat schon 2009 davor gewarnt, dass Österreich wegen des Osteuropa-Risikos der drei Banken in Pleitegefahr ist.“ Tatsächlich hätten die Banken Gewinne gemacht – auch 2011. Felderer räumte zwar ein, dass man in Bankbilanzen „viel verstecken“ könne – aber nicht auf Dauer.

Staatshilfe kommt nicht zurück

Sorgen machen Felderer die verstaatlichten Banken Hypo Alpe Adria, Kommunalkredit und ÖVAG. In der Krise seien zwar in ganz Europa und in den USA Banken vom Staat übernommen worden, in manchen Fällen werde der Staat damit sogar ein Geschäft machen. In Österreich glaubt Felderer das „eher nicht“. Während der Staat das Partizipationskapital, das die großen Banken bekommen haben, inklusive Zinsen zurückbekommen werde, ist Felderer für die Milliardenhilfen für Kommunalkredit, Hypo und ÖVAG weniger optimistisch: „Ich bin kein Prophet, aber ich glaube nicht, dass da viel zurückkommen wird.“

Als Alternative für die Zukunft erachtet Felderer die neuen EU-Regeln für Bankenpleiten. Demnach werden nicht mehr die Steuerzahler zur Kasse gebeten, sondern die Geldhäuser selbst sowie ihre Gläubiger. Nach Vorstellung der EU-Kommission sollen alle 27 EU-Länder nach deutschem Vorbild eigene Krisenfonds aufbauen, um marode Banken zu sanieren und abzuwickeln – finanziert aus Abgaben der rund 8300 europäischen Banken. In Deutschland gibt es einen Restrukturierungsfonds, in den meisten EU-Staaten noch nicht. Nach Ansicht Felderers sei über das Bankeninsolvenzrecht zu lange diskutiert worden, es komme daher zu spät.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2012)

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