Der türkische Ministerpräsident Erdogan erklärte "Abtreibung als Mord" und wollte die Abtreibungsfrist auf die vierte Schwangerschaftswoche verkürzen. Nun rudert er zurück: Man werde einen "Mittelweg" finden.
Nach heftigen Protesten von Frauenrechtsgruppen hat die türkische Regierung ihre Bereitschaft zu Kompromissen bei der geplanten Verschärfung des Abtreibungsrechts angedeutet. Gesundheitsminister Recep Akdag kündigte nach Presseberichten vom Dienstag an, die Neuregelung werde sowohl die Rechte ungeborener Kinder als auch das Recht von Frauen auf eine Wahl zwischen Geburt und Abtreibung berücksichtigen. "Wir werden einen Mittelweg finden", sagte der Minister.
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte Abtreibung im Mai als "Mord" verdammt und eine Gesetzesverschärfung angekündigt. Derzeit gilt in der Türkei eine Fristenregelung, die Frauen eine Abtreibung bis zur zehnten Schwangerschaftswoche ermöglicht. Die islamisch-konservative Regierung Erdogans argumentiert, die Regelung sei zu einem Instrument der Familienplanung geworden. Laut Medienberichten will die Regierung die Abtreibungsfrist auf die vierte Schwangerschaftswoche verkürzen. Auch werde sie nur noch in medizinischen Notfällen zugelassen.
55 Prozent gegen Abtreibungsverbot
Frauenverbände hatten in den vergangenen Wochen zahlreiche Demonstrationen gegen die Regierungspläne organisiert. Slogans wie „Mein Bauch, meine Entscheidung", waren beispielsweise auf den Straßen Istanbuls zu hören.
Selbst einzelne Politiker aus Erdogans Regierungspartei AKP wandten sich gegen eine Verschärfung. Laut einer in dieser Woche veröffentlichten Umfrage sind 55,5 Prozent der türkischen Wähler gegen ein Verbot der Abtreibung. Gesundheitsminister Akdag sagte, sein Ministerium arbeite zusammen mit Wissenschaftlern und anderen Ministerien an einem Entwurf. Das Thema werde voraussichtlich in der kommenden Woche im Kabinett besprochen.
(Ag.)