Plaudern wir doch einmal ein bisschen über die Eurokrise...

Heimische Politiker wagen sich neuerdings auch mit schlechten Nachrichten und Analysen aus der Deckung. Das ist erfreulich.

Wirklich einfach ist es für Politiker zugegebenermaßen nicht, derzeit das Richtige zu tun. Noch viel schwieriger ist es freilich, der veröffentlichten Meinung zu gefallen. Halten sich die Volksvertreter mit Äußerungen zurück, werden sie durch den Blätterwald gejagt, weil sie zu wichtigen Fragen entweder keine Meinung haben oder zu feig sind, diese mit der Öffentlichkeit zu teilen. Beziehen sie aktiv Stellung zu prekären Themen, wird ihnen vorgehalten, geltungssüchtige Plaudertaschen zu sein, die geheime Dinge ausplaudern, um sich wichtiger zu machen, als sie eigentlich sind.

Auffallend ist, dass sich Politiker neuerdings vermehrt aus der Deckung wagen. Das ist gut so. Nicht schlecht wäre es freilich, wenn die an die Öffentlichkeit getragenen Aussagen auch jene Substanz hätten, die sie haben sollten. Die Öffentlichkeit mit brisanten Informationen zu versorgen, die vorher niemand überprüft hat und die sich hinterher als wenig stichhaltig erweisen, ist nämlich nicht wirklich hilfreich.

Etwa, wenn der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im EU-Parlament, Hannes Swoboda, erklärt, ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone würde nicht nur rumänische Banken zu Fall bringen, sondern auch die in Rumänien vertretenen österreichischen Institute in die Bredouille bringen.

Klingt verdammt gefährlich. Aber wie soll diese Gefahr genau aussehen? Käme es nun zu einem „ungeordneten“ Euroaustritt Griechenlands, hätten alle griechischen Institute ein massives Problem, keine Frage. Der ohnehin insolvente Staat müsste dann auch offiziell Bankrott anmelden, in weiterer Folge auch die griechischen Banken. Womit klar wäre, dass auch die im Ausland operierenden Töchter griechischer Banken in gröberen Schwierigkeiten steckten. Also auch jene in Rumänien.

Abgesehen davon, dass ein ungeordneter Austritt Griechenlands aus der Eurozone ein unwahrscheinliches Szenario ist, sollte nicht unerwähnt bleiben, dass der Marktanteil griechischer Banken in Rumänien bei bescheidenen 16 Prozent liegt. Deren Zusammenbruch würde die in Rumänien operierenden österreichischen Banken dann treffen, wenn sie Forderungen gegenüber griechischen Instituten hätten, die diese nicht mehr bedienen könnten. Haben sie aber nicht. Die größte rumänische Bank ist mit der Banca ComercialaRomâna eine Tochter der Erste Bank und damit „österreichisch“. Sie hat eigenen Angaben zufolge gegenüber griechischen Banken keine nennenswerten Forderungen in ihren Büchern. Bei allen anderen heimischen Banken verhalte es sich ebenso.

Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone würde also vor allem einmal griechische Banken in die Bredouille bringen. Sowie jene ausländischen Geldgeber, die beim Schuldenschnitt nicht dabei waren und nach wie vor so tun, als würde Griechenland irgendwann auch nur einen Cent von den erhaltenen Finanzhilfen zurückzahlen können. Neben der Europäischen Zentralbank sind das jene Eurostaaten, die Griechenland zu Hilfe eilten. Sie stünden vor einem gigantischen Abwertungsbedarf, der auch die nationalen Haushalte schwer belastete. Schlimm genug. Nur mit den in Rumänien tätigen österreichischen Banken hat das herzlich wenig zu tun.


Vergleichsweise gewöhnungsbedürftig ist neuerdings auch die Offenheit von Finanzministerin Maria Fekter. Etwa, wenn sie die Öffentlichkeit darüber informiert, dass es zu „Hilfsunterstützungen für Italien kommen kann“. Nun besteht kein Zweifel daran, dass Hilfen generell die Eigenschaft haben, unterstützend zu wirken. Unbestritten ist auch, dass Italien wegen seiner überbordenden Staatsschulden in einer verdammt schwierigen Lage steckt. Es spricht auch alles dafür, dass Fekter recht behalten wird. Aber gibt es tatsächlich Anzeichen dafür, dass das Land demnächst auf Hilfe von außen angewiesen sein wird? Wenn dem so ist, warum erklärt dieselbe Finanzministerin Maria Fekter dann tags darauf, dass genau diese Anzeichen fehlen?

Vielleicht wäre es ja besser, sich erst aus der Deckung zu wagen, wenn der zu kommunizierende Sachverhalt inhaltlich hält. Selbst wenn damit die Gefahr verbunden ist, dass die Medienmeute nicht ganz glücklich ist.

E-Mails an: franz.schellhorn@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2012)

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Tja. Wenn es sein muss, geht es eben auch ohne orange-blaue Fundamentalopposition.
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