Südeuropäische Länder würden nie mit Deutschland mithalten können, so der frühere US-Notenbankchef. Daher sei der Euro-Rettungsschirm sinnlos.
Der legendäre ehemalige US-Notenbankchef Alan Greenspan hat die europäische Gemeinschaftswährung als Fehlschlag bezeichnet. Südeuropäische Länder wie Griechenland, Portugal oder Spanien würden nie mit Deutschland oder anderen Staaten im Norden mithalten können, sagte er bei einer Konferenz in Montreal. Daher sei es auch nicht sinnvoll, diese Staaten immer wieder mit Finanzhilfen aus dem Euro-Rettungsschirm zu retten.
"Ja, der Euro ist gescheitert. Die Frage ist, was wir nun tun sollen", zitiert "Global Montreal" den Ex-Notenbankchef. Schließlich wolle Deutschland den Euro beibehalten, um als Exportnation weiter erfolgreich zu sein. Fest stehe, dass die EZB nicht immer wieder die Notenpresse anwerfen könne. Greenspan sieht daher nur eine Lösung: "Die politische Vereinigung".
Ist Italien das nächste Land, das unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen muss? Fest steht: Die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone ist nicht mit Griechenland zu vergleichen. Und auch der Bankensektor ist im Vergleich zu jenem in Spanien relativ stabil. Dennoch gibt es genügend Baustellen. Von "Armen im Ferrari" bis zur "Flucht der Gehirne": DiePresse.com hat zehn hässliche Fakten über die italienische Wirtschaft zusammengetragen. AP (Pier Paolo Cito) In der Euro-Zone hat nur Griechenland einen noch höheren Schuldenberg: Die Gesamtschulden von Italien betragen 123,5 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung oder rund zwei Billionen Euro. Das "Positive" daran: Der Großteil davon sind Altschulden, das Defizit bleibt heuer wohl unter drei Prozent. Abgebaut werden wird der Berg so schnell aber nicht. www.BilderBox.com Der Finanzbedarf Italiens für die Refinanzierung seiner Staatsschuld ist gigantisch. Bis 2014 laufen Staatsanleihen im Volumen von 487 Milliarden Euro aus. Um seinen Gläubiger bezahlen zu können, muss der Staat frisches Geld zu diesem Volumen am Markt aufnehmen. Die Gefahr dabei: Die Zinsen für italienische Anleihen könnten unterträglich hoch sein. Nach der Verkündung der Spanien-Hilfe stiegen die Zinsen für zehnjährige Bonds am Sekundärmarkt auf mehr als sechs Prozent. Sieben Prozent gilt als "Schmerzgrenze". AP (Armando Franca) Italien leidet seit vielen Jahren unter einer ausgeprägten Wachstumsschwäche. Durch die Sparpolitik wurde die Wirtschaft zusätzlich belastet und in die Rezession getrieben. Im ersten Quartal ist das BIP mit 0,8 Prozent so stark geschrumpft wie seit drei Jahren nicht mehr. Vor allem der sinkende Privatkonsum war dafür verantwortlich. Besserung ist vorerst nicht in Sicht: 2012 soll das BIP laut EU-Prognosen um rund 1,4 Prozent nachgeben. AP (Michael Probst) Rund 120 Mrd. Euro schleusen die Italiener jährlich an den Steuerbehörden vorbei, ergab eine Berechnung der Tageszeitung "La Repubblica". Das sind 30 Prozent der Gesamteinnahmen und das sechsfache (!) des Sparpakets, das die Regierung Ende 2011 verabschiedet hatte. Mit medienwirksamen Aktionen wie der Überprüfung der Steuererklärungen von Ferrari-Fahrern versuchen die Behörden gegen die Steuerhinterziehung anzukämpfen. Doch ändert sich nichts an der Steuermoral, wird das Problem wohl weiter bestehen. EPA (CIRO FUSCO) Einer Weltbank-Studie zufolge sind die Investitionsbedingungen in Italien schlechter als in Entwicklungsländern wie dem afrikanischen Sambia oder der Mongolei. Beim sogenannten "Ease of doing Buisiness-Index" ist Italien weltweit lediglich auf Platz 87. In der Eurozone hat hier nur Griechenland noch schlechter abgeschnitten. Besonders schwach wird Italien beim Justizsystem und den steuerlichen Bedingungen bewertet. AP (Alessandra Tarantino) Die Arbeitslosenquote macht derzeit rund zehn Prozent aus – was dem EU-Durchschnitt entspricht. Dies liegt aber in erster Linie daran, dass die Beschäftigung bei Älteren und Frauen vergleichsweise gering ist. Sehr besorgniserregend sind die Arbeitslosenzahlen bei jungen Italienern: Jeder Dritte ist auf Jobsuche. Mario Monti erklärte heuer: "Die Arbeitslosigkeit trifft jede zweite Familie". EPA "Fuga die cervelli" (Die Flucht der Gehirne) wird das Phänomen in Italien genannt: Immer mehr Junge verlassen Italien, unter ihnen sind viele Hochqualifizierte - Akademiker, Ärzte, Architekten, Ingenieure. In Deutschland - das immer ein beliebtes Auswanderungsland für Italiener war - stieg die Zahl der Einwanderer aus Italien im Vorjahr um rund 25 Prozent auf mehr als 30.000 an. EPA (BERND WUESTNER) "Seit 2002 verlieren die italienischen Familien an Kaufkraft, ohne dass die Regierung etwas dagegen tut. Italien braucht dringend Maßnahmen zur Konsumförderung", warnte heuer der Konsumentenschutzverband Codacons. 2011 verlor eine Familie aufgrund der hohen Inflation durchschnittlich 172 Euro an Kaufkraft. Allein 2012 werden die Familien infolge des höheren Steuerdrucks sowie der höheren Strom-und Gasrechnungen für zusätzliche Ausgaben in Höhe von 1.979 Euro aufkommen müssen, schätzt Codacons. AP (Michael Probst) Italien hat laut Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer seit Einführung des Euro bereits die Hälfte seiner Weltmarktanteile verloren. Entscheidend für die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit sei vor allem eine Reform des Arbeitsmarktes, um so die Lohnstückkosten zu senken. Wegen der anstehenden Wahlen schaut es für dieses aber nicht sonderlich gut aus ... AP (Mark Lennihan) Je näher die für 2013 angesetzte Parlamentswahl rückt, desto geringer ist die Reformbereitschaft der Parteien. Premier Mario Monti muss zunehmend Kompromisse eingehen, um Gesetze durch die beiden Parlamentskammern zu bringen. Sowohl Gewerkschaften als auch Arbeitgeberverbände setzten bei der kürzlich verabschiedeten Arbeitsmarktreform Änderungen durch. Zuvor hatten bereits Interessengruppen wie die der Taxifahrer und Rechtsanwälte verhindert, dass die Zugangsbeschränkungen zum Arbeitsmarkt gelockert werden. AP (Mauro Scrobogna) Zehn hässliche Fakten über Italien 19 Jahre an der Spitze der US-Notenbank Greenspan, der 1926 in New York als Sohn eines Börsemaklers zur Welt kam, arbeitete unter vier US-Präsidenten an der Spitze der Fed. Seine Berufung an die Spitze der US-Zentralbank erfolgte 1987 durch den republikanischen Präsidenten Ronald Reagan. Auch von Reagans Nachfolgern im Amt George Bush sen., Bill Clinton und George Bush jun. wurde Greenspan hoch angesehen. 2006 folgte ihm Ben Bernanke als Notenbankchef nach.
(sk)
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