Bhutan: Geschäftspartner als Freunde

Wolfgang Schmitzer, CEO der Side Immobiliengruppe, war in Bhutan auf der Suche nach dem „Bruttonationalglück“ – einer ganzheitlichen Lebensauffassung die vorort gepflegt wird. Er berichtet in unserer Serie „Immobilienexperten auf Reisen".

1) Drei Dinge, die man nicht vergessen sollte, wenn man nach Bhutan fährt:

  • Studium des „Bruttonationalglücks"
  • ein funktionierender Fotoapparat mit riesengroßer Speicherkarte
  • viel positives Karma

2) Der erste Eindruck: Was ist so ganz anders an den Immobilien (Häusern, Straße, Geschäfte, Büros...) als in Österreich? Und was unterscheidet den Immobilienmarkt von unserem?
Fährt man durch Bhutan, fällt als erstes auf, dass es ein Linksfahrgebot gibt - ansonsten aber keine lästigen Regeln, wie Verkehrsampeln, Zebrastreifen, Halteverbote etc. Auf der Fahrt durchs Land bemerkt man, wie viel Platz zum Bauen vorhanden ist.
Die Häuser sind in der Regel multifunktional: Wohnen-Arbeiten-Geschäft-Lagerfunktion, alles in einem. Jedes Wohnhaus verfügt über einen Hausaltar, oft in einem eigenen Altarraum untergebracht.
In Bhutan gibt es übrigens keine eigene Baubehörde, keine Rechtsanwälte und kein Grundbuch.

3) Auf den zweiten Blick: Was könnten wir vom Immobilienbusiness dort lernen? Und umgekehrt?
Oberste Regel ist, dass ein zu errichtendes Gebäude im Einklang mit Natur, Umwelt, Religion und zur gesamten Lebensphilosophie stehen muss. Das setzt voraus, dass der Eingriff in die Natur beim Bauen minimiert wird und sich das Gebäude in die Landschaft einzufügen hat. Zum hohen Respekt gegenüber der Umwelt zählt auch, dass Dörfer und Häuser möglichst auf steilen oder steinigen, unfruchtbaren Hängen anzulegen sind, um kein wertvolles Land, das für Ackerbau und Viehzucht dienen könnte, für den Bau zu verschwenden.
Bei Baubeginn wird in Bhutan kein Grundstein gelegt, sondern eine Vase mit Schätzen - zum Beispiel edlen Steinen und Gebetstexten - im Rahmen eines feierlichen Rituals in die Erde versenkt, um sich bei den Erdgeistern für die bevorstehenden Eingriffe zu entschuldigen. Als ideal wird die Lage eines Bauplatzes dann angesehen, wenn das Gebäude mit dem Rücken, das heißt mit der Rückseite und wenigen Öffnungen wie Fenstern und Türen zum Berg hin steht, die Vorderseite zum Tal offen ist und weiters das Gebäude beziehungsweise das Grundstück rechts und links von Flüssen eingeschlossen wird, die sich im Tal vor dem Gebäude treffen.
Die Verwendung nachwachsender Rohstoffe wie Lehm, Flusskiesel, Naturstein, Kalk, Holz und Stroh gehört zu den essentiellen Bauprinzipien. Im Sinne einer Materialgerechtigkeit werden die Materialien natürlich gezeigt und nicht verkleidet. Verputz und farbige Fassungen dienen dabei nur zur Unterstützung der Materialdarstellung.
Technische Absicherungen, wie zum Beispiel Brüstungen und Geländer spielen im allgemeinen und auch am Bau gegenüber den religiösen und symbolischen Fakten eine geringe Rolle, nachdem Glück primär durch Abwehr von Unglück unterstützt oder herbeigeführt und dabei mehr an symbolische und religiöse Fakten geglaubt wird und weniger an technische Vorkehrungen für die Gefahrenabwehr.
Bauen und Architektur wird in Bhutan im Sinne des „Bruttonationalglücks" nicht primär als Frage des Reichtums, Geldes oder wirtschaftlichen Wohlstandes, sondern vielmehr als Frage der Gesundheit, des Wohlergehens und der Zufriedenheit verstanden.

4) Perspektiven: Gibt es Immobilienbereiche, die für österreichische Unternehmen Marktpotenzial haben könnten? Wenn ja, welche?
Ja, Brücken und Spitäler. Möglicherweise auch Tankstellen.

5) DOS & DONT'S: Was sollte man im Umgang mit lokalen Geschäftspartnern beachten?
Behandeln Sie Ihr Gegenüber nie als „Geschäftspartner" im westlichen Sinn, sondern ausschließlich als Freund. Keine Frage, Bitte oder Einladung mit sofortigem „NEIN" beantworten, sondern ausreichend Zeit und Geduld nehmen, die Ablehnung zu erklären.

6) Nicht verpassen: Was man auf keinen Fall versäumen darf:
Unbedingt einen Ausflug zum Taktshang (Tigernest-Kloster) in Paro machen. Körperliche Fitness vorausgesetzt, kann man nach einem circa 90 minütigen Aufstieg ein auf einer 3000 Meter hohen Felsenklippe gebautes, circa 300 Jahre altes Kloster besuchen. Neben der Faszination des Bauwerkes und dem Ausblick über das Paro-Tal kann man Mönche beim Meditieren beobachten.

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