Die vom Justizministerium geplante Reform des Familienrechts geht weit über die gemeinsame Obsorge nach der Scheidung hinaus.
Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) hat im Familienrecht Großes vor. Mit der geplanten Einführung der gemeinsamen Obsorge nach der Scheidung auch gegen den Willen eines Elternteils möchte die Ministerin auch das Besuchsrecht nach der Trennung – künftig die „Kontaktregelung“ – reformieren: So soll, um beim typischen Fall zu bleiben, der geschiedene Vater, der einen Kontakt zum Kind zwar verlangt hat, aber dann nicht zu den vereinbarten Terminen kommt, mit einer Geldstrafe belegt werden können. Auch die Wahlmöglichkeiten für den Nachnamen der Kinder werden erweitert. Das hat die überraschende Folge, dass auch längst Geborene bald sehr einfach ihren Namen werden ändern können, wie am Freitag beim Familienrichtertag in Salzburg deutlich wurde.
Damit wird im Namensrecht fast alles neu: Nach den Plänen des Justizministeriums werden Eltern sich künftig nämlich nicht mehr auf einen Familiennamen einigen müssen. Kinder können nach der Reform wahlweise den Familiennamen der Mutter, jenen des Vaters oder einen aus beiden Namen zusammengesetzten führen können, erläuterte Michael Stormann, im Justizministerium für das Familienrecht zuständig. Nur im Zweifelsfall entscheidet der Familienname des Vaters. Ein mehr als zweigliedriger Name soll aber nie entstehen dürfen.
Gang zum Standesamt
Wenn das Gesetz beschlossen wird, werden künftig alle Bürger ihren Namen sehr einfach ändern können: Laut Stormann kann dann jeder, unabhängig vom Alter und davon, ob seine Eltern noch leben, seinen Nachnamen ändern: z. B. auf den Mädchennamen der Mutter oder auf einen aus den beiden Namen der Eltern vor deren Eheschließung zusammengesetzten Namen. Das soll durch eine einfache Erklärung beim Standesamt möglich werden. Die Neuerung könnte mit 1. April 2013 in Kraft treten, an dem das Innenministerium die Personenstandsregister auf eine neue digitale Basis stellen will.
Mit der gemeinsamen Obsorge nach der Scheidung reagiert das Ministerium auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, wonach kein Elternteil – gleichgültig, ob ledig oder geschieden – schon deshalb von der Obsorge ausgeschlossen werden darf, weil der andere dies so will. Künftig wird bei einem Streit der Eltern das Gericht zu entscheiden haben, ob im Interesse des Kindes sich beide Elternteile um das Kind kümmern sollen. Der Antrag auf gemeinsame Obsorge könnte sogar mittels eines Onlineformulars ans Gericht geschickt werden, wie es die Familienrichter unter ihrer Vorsitzenden Doris Täubel-Weinreich zusammen mit dem Ministerium entworfen haben.
Nicht nur Geschiedene, auch Unverheiratete sollen einfacher als bisher die gemeinsame Obsorge erreichen können – im Moment denkt das Justizministerium auch hier an eine schlichte Erklärung beim Standesamt. Das gesamte Paket muss allerdings noch in der Koalition mit Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) abgestimmt werden.
Beim 25. Familienrichtertag war erstmals die Ressortchefin zu Besuch: Die Familienrichter nutzten in Salzburg die Gelegenheit, der Ministerin ihre Wünsche für bessere Arbeitsbedingungen zu unterbreiten. Im Mittelpunkt der Forderungen stand der Ruf nach einem Einheitsgehalt für Richter. Hintergrund ist der Umstand, dass Familienrichter kaum Karrieremöglichkeiten haben und daher auch gehaltsmäßig nicht so weit kommen können wie die meisten ihrer Kollegen.