PIIGS gegen BELL – das ist Brutalität

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Immer lauter kritisieren Osteuropäer die Reformverweigerung im Süden der Union als infantil.

Wien/La. Wer sich hinter dem Akronym PIIGS versteckt, weiß seit dem Ausbruch der europäischen Malaise jeder Beobachter: Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien. Als Gegenentwurf zu diesem Krisenquintett bringt der polnische Ökonom Leszek Balcerowicz den Begriff BELL in Umlauf. Damit gemeint sind Bulgarien, Estland, Lettland und Litauen – jene Länder also, die ihre Haushalte trotz Krise stabilisieren konnten.

Ähnliche Ausgangslage

Dabei war die Ausgangslage ähnlich, denn auch die BELL-Staaten verfügten nicht über den Luxus einer flexiblen Währung – entweder, weil sie bereits den Euro hatten (Estland), oder, weil ihre Landeswährungen an den Euro gekoppelt waren (der Rest). Der einzige Ausweg hieß daher interne Abwertung – ein knallharter Sparkurs, mit dem die Löhne nach unten gedrückt wurden. Die sozioökonomischen Kosten dieser Rosskur wurden dabei in Kauf genommen – und die Sparanstrengungen von den Finanzmärkten honoriert. Mittlerweile sind die BELL-Staaten wieder auf dem Wachstumspfad, während die PIIGS-Staaten weiter zurückfallen.

In Osteuropa reagiert man auf den schaumgebremsten Reformwillen im Süden mit zunehmender Irritation – den weitverbreiteten Glauben an die Spendierfreude der deutschen Steuerzahler hält man schlicht und ergreifend für infantil. Die Bandbreite der kritischen Vergleiche reicht dabei von „Wünschen an den Weihnachtsmann“ (Balcerowicz), über „Verwöhnte Kinder, die immer nur Bonbons wollen“ (Bulgariens Finanzminister Simeon Djankov), bis hin zum estnischen Präsidenten Ilves, den die Erwartungshaltung der Südländer an eine Figur aus dem Trickfilm Popeye erinnert: an den Tunichtgut Wimpy, der seinen Hamburger stets „nächsten Dienstag“ bezahlen wollte, wie Ilves in einem in den USA publizierten Aufsatz schreibt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2012)

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