"Europas Politiker handeln immer einen Tag zu spät"

Weltbankpräsident Robert Zoellick
Weltbankpräsident Robert Zoellick(c) EPA (JIM LO SCALZO)
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Weltbankchef Zoellick kritisiert das Krisenmanagement der Europäer und warnt vor einem weiteren Zögern in der Schuldenkrise. Frankreichs Präsident will einen 120-Milliarden-Euro-Wachstumspakt.

Weltbankpräsident Robert Zoellick hat die Regierungschefs der Euro-Zone für ihr bisheriges Krisenmanagement gerügt und rasche Reformen gefordert. "Europas Politiker handeln immer einen Tag zu spät und versprechen einen Euro zu wenig", sagte Zoellick in einem am Sonntag veröffentlichten Interview des "Spiegel". Zur Bekämpfung der Schuldenkrise habe die Europäische Zentralbank zwar wiederholt für neue Liquidität gesorgt und dadurch Zeit erkauft. Die strukturellen Probleme würden dadurch aber nicht gelöst. Weiteres Zögern sei gefährlich, warnte Zoellick.

"Wenn Europa weiter so schwächelt, wird es an globalem Einfluss verlieren. Dessen müssen sich Europas Führer bewusst sein", sagte Zoellick dem Magazin. Zur Finanzierung der Rettungspakete gebe es schließlich genug Ideen: "Es gibt den Vorschlag, Euro-Bonds für Schulden von bis zu 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auszugeben. Alles, was die Länder darüber hinaus ausgeben, ginge auf ihre eigene Rechnung." Europa könnte in diesem Fall von Amerika lernen, fügte der gebürtige US-Amerikaner und ehemalige Goldman-Sachs-Manager hinzu. So hätten die Vereinigten Staaten nach dem Unabhängigkeitskrieg ein einziges Mal die Schulden aller Einzelstaaten übernommen, seitdem seien sie auf sich allein gestellt. "Europa könnte ein ähnliches System einführen", sagte Zoellick.

Der Weltbankchef betonte, letztlich sei vor allem das Tempo im Kampf gegen die Schuldenkrise entscheidend: "Es kommt mir nicht so sehr darauf an, welches Modell die Europäer wählen. Sie sollen sich nur für eines entscheiden. Und zwar schnell."

Hollande will 120-Mrd.-Euro-Wachstumspakt

Der französische Präsident Francois Hollande will einem Zeitungsbericht zufolge einen sofortigen europäischen Wachstumspakt im Umfang von 120 Milliarden Euro. Entsprechende konkrete Vorschläge habe Hollande bereits an mehrere europäische Regierungschefs übermittelt, berichtete am Sonntag das "Journal du Dimanche". Unter anderem habe er der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel am vergangenen Donnerstag das elf Seiten umfassende Dokument übermittelt.

Darin fordert der neue, französische Präsident den Angaben zufolge, dass bereits beim EU-Gipfel Ende Juni über diesen Wachstumspakt entschieden werde. Im Kampf gegen die Krise in Europa hat Hollande die Ergänzung des Fiskalpaktes zur Budgetdisziplin um eine Wachstumskomponente zu seiner zentralen Forderung gemacht.

(Ag.)

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