Die konservativen Sparbefürworter haben die Parlamentswahl für sich entschieden. Nun blickt ganz Europa auf die Koalitionsgespräche. Das radikale Linksbündnis von Alexis Tsipras hat eine Beteiligung an der Regierung abgelehnt.
Griechenland hat gewählt und sich für den Euro und damit den Verbleib in der Eurozone entschieden. Damit einher geht ein Aufatmen der europäischen Politiker und eine Erleichterung an den Börsen. "Griechenlands Position in Europa wird nicht mehr gefährdet sein", rief der konservative Wahlsieger Antonis Samaras bereits am Wahlabend seinen jubelnden Anhängern zu. Das Land werde seine Verpflichtungen erfüllen und mit den europäischen Partnern an Fortschritten in der Wachstumspolitik arbeiten. "Es wird keine Abenteuer mehr geben", betonte der Vorsitzende der Nea Dimokratia (ND).
Laut dem vom griechischen Innenministerium herausgegebenen vorläufigen Wahlergebnis, erhielt die ND 29,66 Prozent (129 Sitze), die Syriza 26,89 Prozent (71 Sitze) und die sozialistische Pasok 12,28 Prozent (33 Sitze). ND und Pasok erreichten damit eine Mandatsmehrheit von 162 der 300 Sitze im Parlament. Diese hatten sie bei der Wahl am 6. Mai verloren.
"Keine Regierung, sondern ein Zirkus"
Zuvor aber gilt es, möglichst rasch eine stabile Regierung zu bilden. Dazu erhielt Samaras heute Mittag von Präsident Karolos Papoulias das Mandat zur Sondierung von Koalitionsmöglichkeiten. Das erste Gespräch führte er von 13 Uhr bis 13:30 mit Alexis Tsipras, dem Chef des zweitplatzierten, radikalen Linksbündnisses Syriza. Der Reformgegner hatte vor der Wahl angekündigt, das strikte Sparpaket kippen zu wollen. Eine Einigung zwischen den beiden kam nicht zustande. "Wir werden in der Opposition sein", sagte Tsipras nach dem Treffen. "Wir werden Gegner bleiben".
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Die Schärfe der Oppositionsarbeit werde sich dabei nach der Regierungspolitik richten, sagte Syriza-Sprecher Theodoros Paraskevopoulos am Montag im "Ö1-Mittagsjournal". An der Regierung wolle man deshalb nicht teilhaben, weil das "keine Regierung wäre, sondern ein Zirkus, wo jeder an einem anderen Strang ziehen würde". Zweitens, weil es in der Demokratie auch unterschiedliche Positionen geben müsse.
Gegen 17 Uhr will Samaras mit dem Chef der gemäßigten Linkspartei Pasok, Evangelos Venizelos, zusammenkommen. Das Gespräch dürfte spannend werden, denn Venizelos rief noch am Wahlabend zur Bildung einer Regierung aus allen großen Parteien einschließlich Syriza auf.
Die griechische Bevölkerung war am Sonntag bereits das zweite Mal innerhalb von sechs Wochen zur Wahl eines neues Parlaments aufgerufen. Nach dem Urnengang am 6. Mai konnten sich die Parteien nicht auf eine Regierungskoalition verständigen. Derzeit wird das Land von einer Übergangsregierung geführt.
Eine "gespaltene Gesellschaft"
Nun stünde dem Land nun ein kurzes Fenster für Reformen offen, meinte der Politologe Dimitri Sotiropoulos am Montag. Für die nächste Regierung gebe es eine „Schonfrist" von ein paar Monaten, denn die Opposition müsse sich erst neu gruppieren. Zudem lenke der Sommer die Menschen traditionell von der Politik ab.
Das starke Abschneiden der Syriza wertete Sotiropoulos so: „Die Gegner des Sparkurses haben weiterhin viele Anhänger, die Gesellschaft ist gespalten." Insbesondere die jüngere Wählerschaft fühlte sich von den traditionellen Parteien nicht vertreten und hätten aus diesem Grund für das radikale Linksbündnis gestimmt.
Wahlsystem
Die stärkste Partei erhält einen Zuschlag von 50 Sitzen im 300 Mandate umfassenden Parlament. Damit sollen die Möglichkeiten für die Bildung starker Regierungen erhöht werden. Sollte dennoch keine Partei die absolute Mehrheit erreichen, ist ein mehrtägiges Verfahren zur Bildung einer Koalition vorgesehen:
Der Präsident beauftragt zunächst den Chef der stärksten Partei mit Verhandlungen. Dieses Mandat gilt für drei Tage. Bei einem Scheitern erhält der Vorsitzende der zweitstärksten Partei ein dreitägiges Mandat zur Sondierung. Sollte auch diese Bemühung scheitern, erhält die drittstärkste Partei das Mandat - wieder für drei Tage. Bleiben alle Sondierungen ohne Ergebnis, ruft der Staatspräsident alle Parteivorsitzenden zu einer letzten Gesprächsrunde über eine mögliche Koalition zusammen. Bleibt dies erfolglos, dann werden - wie nach den Wahlen im Mai - Neuwahlen angesetzt.
(Ag./Red.)