Rio+20: Junge Ideen für eine nachhaltige Welt

Rio20 Junge Ideen fuer
Rio20 Junge Ideen fuer(c) REUTERS (UESLEI MARCELINO)
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Kurz vor dem Rio+20-Treffen kamen beim Weltjugendkongress engagierte Nachwuchsaktivisten zu Wort, darunter auch die Österreicherin Nicolina Bek. Sie hoffen, dass die Politik ihre Anregungen aufnimmt.

Rio. Genau zwanzig Jahre ist es her, dass sich die 20 wichtigsten Industrienationen im brasilianischen Rio zum ersten Erdgipfel getroffen haben. Am Mittwoch steht eine Neuauflage zum Thema Nachhaltigkeit an, genannt Rio+20. Am historischen Tagungsort kamen kurz zuvor engagierte Jugendliche aus aller Welt zusammen, um eigene Konzepte zu entwickeln, darunter auch die Österreicherin Nicolina Bek.

Die 19-jährige Grazerin wirkt zunächst etwas schüchtern, dahinter versteckt sich jedoch eine Persönlichkeit voll Energie. Und um Energie geht es schließlich auch beim Weltjugendkongress in Rio de Janeiro, genauer gesagt um Umwelt und Nachhaltigkeit.

Der Weltjugendkongress ist das politisch einflussreichste Treffen junger Engagierter und wird alle ein bis zwei Jahre in einer anderen Region der Erde durchgeführt. Organisator des zehntägigen Treffens ist eine internationale Jugendorganisation, Hauptsponsor die Stadt Rio. Entsprechend dem diesjährigen Thema bemüht sich der Gipfel – bis auf die notwendigen Flugreisen – um Nachhaltigkeit: Gezeltet wird im Vorstadturwald, auf den Konsum von Fleisch verzichtet man selbstredend.

„Umweltbewusste Österreicher“

Es gibt Podiumsdiskussionen, Workshops und Projekte. Gut die Hälfte der Veranstaltungen wird von den 350 Teilnehmern – meist Studenten im Alter von 16 bis 30 Jahren – in Eigenregie angeboten.

„Hier kann man so viele Initiativen kennenlernen“, freut sich Nicolina, die selbst schon seit Jahren gesellschaftspolitisch aktiv ist. In Indien geboren wuchs sie in einer Pflegefamilie auf, später im Grazer Wohnprojekt AIS Jugendservice. Derzeit studiert sie Soziale Arbeit und Management an der Universität Graz. „Ich bin zum ersten Mal allein im Ausland unterwegs“, erklärt sie und stellt fest, dass sie in Rio zu den Jüngsten gehört. Doch trotz ihrer Jugend hat sich Nicolina bereits nicht nur sozial engagiert, sondern auch politisch, als Delegierte des Europäischen Jugendparlaments. Wenn sie spricht, vermischt sie Englisch und Deutsch. Sie entschuldigt sich dann: „Ich denke und fühle auf Englisch.“

„Umwelt war bisher eigentlich nicht mein Thema“, gibt sie zu. „Umweltbewusst zu leben, ist mir aber wichtig. Am Ende des Monats habe ich aber leider oft nicht mehr genug Geld für Fair-Trade-Produkte.“ Müll trennen und Licht sparen könne man aber immer. Junge Österreicher seien sehr umweltbewusst, glaubt sie. Ähnlich äußern sich Kongressteilnehmer aus anderen Weltregionen. Zu vielem hat die UNO Zahlen, dazu leider nicht.

Probleme wie „echte“ Politiker

Gegen Ende des Weltjugendkongresses sind die Erwartungen der Jugend an Rio+20 groß. Schließlich wurden 1999 die Ideen des ersten Weltjugendkongresses zu großen Teilen als UN-Millenniums-Ziele adaptiert, etwa die Bekämpfung extremer Armut und Grundschulbildung für jeden Erdenbürger.

Gemeinsam mit den Ergebnissen eines anderen Jugendgipfels präsentiert man den Politikern nun eine Liste mit 20 Vorschlägen: Darin wird unter anderem die Abschaffung von fossilen Brennstoffen gefordert, oder Energieeffizienz und Nachhaltigkeit als Unterrichtsfach. Manche hätten sich eine Umweltabteilung bei der UNO und eine Steuer auf nicht nachhaltig hergestellte Produkte gewünscht. Diese und andere Punkte schafften es aber nicht ins Abschlusspapier. Da ging es den Jugendlichen wie echten Politikern.

„Öffnet eure Augen!“

Nicolina nimmt jede Menge Erfahrungen mit nach Hause. Auf dem Weltjugendkongress habe sie gelernt, wie man eine Akademie organisiert. „Das will ich zu Hause anwenden und im Rahmen eines Projektes gemeinsam mit meiner Wohnprojektleiterin Grazer Hauptschüler und brasilianische Schüler aus armen Familien zusammenbringen“, kündigt sie an. Ihre Freunde hätten sie ermutigt, nach Rio zu gehen, und hier ermutige man sie, zu Hause ihre Ideen zu verwirklichen. Dass sie all diese Möglichkeiten hat, ist vor allem ihr ganz eigenes Verdienst. Sie freut sich über die Chancen und macht wiederum anderen Mut: „Öffnet eure Augen, das ist unsere Welt.“

Auf einen Blick

In Rio de Janeiro findet von 20. bis 22. Juni der Nachhaltigkeitsgipfel „Rio+20“ statt. Österreich wird durch Umweltminister Nikolaus Berlakovich vertreten sein. Noch immer wird allerdings zwischen Industrie- und Entwicklungsländern um die Abschlusserklärung gefeilscht. Am Wochenende bestand erst über ein Drittel des 56 Seiten starken Entwurfs Einigkeit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2012)

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