Antonis Samaras war schon mehrmals abgeschrieben. Dieses Schicksal teilt er mit seinem Land.
Ehrgeizig ist er sehr, erfolgreich war er nicht immer. Schon als Antonis Samaras in den 1970er-Jahren in den USA studierte (Bild), plante er seine politische Karriere. Sein damaliger Zimmerkollege Giorgos Papandreou sollte es allerdings früher als er zum Ministerpräsidenten schaffen. Samaras, der in den 1990er-Jahren bereits als neuer Vorsitzender der Nea Dimokratia (ND) gehandelt wurde, verstolperte sich nämlich als Außenminister so sehr, dass seine Karriere eine tiefe Delle erlitt. Seine sture Haltung im Namensstreit um die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien führte zu seiner Absetzung als Minister und zum Bruch mit seiner Partei. Samaras trat 1992 aus der ND aus, gründete die nationalistische Gruppe „Politischer Frühling“ und scheiterte. Bei den Parlamentswahlen 1993 erreichte er gerade einmal 4,9 Prozent der Stimmen. 1996 schaffte es die Partei nicht einmal mehr ins Parlament.
Doch die politische Hochschaubahnfahrt nahm damit kein Ende. Als geläuterter Ausreißer kehrte Samaras 2004 wieder in die ND zurück und konnte sich mit Taktik und Ausdauer erneut an die Parteispitze zurückkämpfen. 2009 war er Spitzenkandidat und verlor gegen Papandreou und dessen sozialistische Pasok. Die herbe Niederlage wurde nur noch vom Wahldebakel im Mai dieses Jahres in den Schatten gestellt, dem schlechtesten Ergebnis seit der Gründung der ND. Aber Samaras zeichnet eine Hartnäckigkeit aus, die in der Politik selten ist. Der Sohn eines bekannten griechischen Kardiologen gab seinen Herzenswunsch, einmal Ministerpräsident zu werden, nicht auf. In den letzten Wochen wurde er zum Phönix von Athen. Dass er für die Neuwahlen mitverantwortlich war, weil er keine glaubhaften Regierungsverhandlungen führte, dass er 2011 keine Mitverantwortung für den Sparkurs tragen wollte: Alles scheint vorerst vergessen. Heute steht Samaras so knapp wie noch nie vor der Erfüllung seines Karrieretraums. wb[Reuters]
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2012)