Berlakovich: "Nur zum Feiern fahre ich nicht hin"

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Archivbild: Nikolaus Berlakovich(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Umweltminister Nikolaus Berlakovich erklärt die Gründe für die kurzfristige Absage seiner Reise zum Umweltgipfel "Rio+20" in Brasilien.

"Die Presse": Sie wollten eigentlich nach Rio fahren und haben nun kurzfristig abgesagt. Warum?

Nikolaus Berlakovich: Ich bin enttäuscht, das ist ein Gipfel der vertanen Chancen. Die Konferenz war eigentlich bereits zu Ende bevor sie am Mittwoch begonnen hat. Dienstag am späten Nachmittag wurde ein Abschlussdokument vorgelegt, und es soll keine weiteren Verhandlungen mehr geben. Nur zum Feiern brauche ich nicht hinzufliegen.

Sie hätten dennoch hinfliegen können und versuchen, mit Ihren EU-Kollegen weiter Druck zu machen.

Der Gastgeber Brasilien hat gesagt, es gibt keine weiteren Verhandlungen mehr. Natürlich bin ich mit meinen EU-Kollegen in Kontakt, die haben mir das bestätigt. Brasilien ist ein aufstrebendes Land mit enormem Potential, aber es hat diese Jahrhundertchance nicht genutzt.

Hat Brasilien als ehrlicher Makler gehandelt oder eher versucht, seine Eigeninteressen durchzusetzen?

Ich habe den Eindruck Letzteres. Schon in der Vorbereitung zu Rio hat es viele Besprechungen gegeben, da haben Länder wie Brasilien, China oder Indien große Skepsis angemeldet. Sie sind nicht bereit, sich internationalen Regeln zu unterwerfen. Jetzt sieht man das Ergebnis. Die EU hat versucht, den Verhandlungsprozess aufrechtzuerhalten.

Was ist inhaltlich der größte Fehlposten?

Wir wollten, dass Ziele formuliert werden: Nachhaltigsziele und Zeitpläne, etwa Trinkwasser für alle Menschen bis 2030, oder eine Verdoppelung der erneuerbaren Energien bis 2030. Im jetzigen Dokument gibt es nur die Absichtserklärung, dass es einmal Ziele geben soll. Das ist schade, weil die ökologischen Probleme gerade in Entwicklungsländern so groß sind. Grenn Economy könnte für beide Seiten, für Industrie- wie für Entwicklungsländer von Vorteil sein.

Zehntausende Menschen werden an einen Ort gekarrt und es gibt kaum Ergebnisse: Haben solche internationalen Großkonferenzen überhaupt eine Zukunft?

Dieses Format ist natürlich zu hinterfragen. Wobei bei den anderen internationalen Konferenzen, an denen ich teilgenommen habe, bis zum Schluss gearbeitet wurde. Die Klimakonferenz in Durban wurde sogar um eineinhalb Tage verlängert. Man muss jetzt nachdenken wie man diesen Prozess aus der Sackgasse herausführt. Meinungsaustausch bei großen Konferenzen ist ja wichtig, aber die Frage ist: wann folgen endlich Taten? Es ist schwieriger geworden mit den neuen Playern wie China, Indien, Südafrika, Brasilien, oder Mexiko: Die alte Weltordnung wird von einer neuen Weltordnung abgelöst. Umso wichtiger ist es, dass man auch neue Mechanismen findet.

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