Bankeninsolvenzrecht: Bitte warten

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Der Plan der Regierung, bis Sommer ein Gesetz für die Abwicklung maroder Banken vorzulegen, ist gescheitert. Die SPÖ gibt der ÖVP die Schuld. Über den Grund für das Platzen gibt es unterschiedliche Angaben.

Wien. Nach der milliardenschweren Rettungsaktion für die angeschlagene Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG) waren sich ÖVP und SPÖ schnell einig: Beide Parteien versicherten Anfang März, dass es bis Sommer ein Bankeninsolvenzrecht geben soll. Doch daraus wird nichts. „Das geht sich zeitlich nicht mehr aus“, sagt ÖVP-Finanzsprecher Günter Stummvoll. Denn voraussichtlich am 6. Juli wird die letzte reguläre Parlamentssitzung vor der Sommerpause abgehalten. „Wenn wir bis dahin ein solches Gesetz haben wollen, hätte es längst den Ministerrat passieren müssen“, so Stummvoll.

Über den Grund für das Platzen gibt es unterschiedliche Angaben. „Dass das Bankeninsolvenzrecht nicht mehr vor dem Sommer kommt, ist am mangelnden politischen Willen der ÖVP gescheitert“, sagt SPÖ-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder. „Wir werden alles daran setzen, diese Blockade der ÖVP zu durchbrechen.“
Im Büro von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) wird bestritten, dass das Projekt gescheitert sei. Österreich setzte sich vielmehr dafür ein, dass es hier zu einer europaweiten Regelung kommt.

ÖVP gegen einen nationalen Alleingang

Am 6. Juni präsentierte die EU-Kommission einen Plan für die Errichtung einer Bankenunion. Ziel ist eine einheitliche Bankenaufsicht und eine Einlagensicherung in der Eurozone. Außerdem soll es einen Fonds für die Abwicklung maroder Institute geben. Details dazu müssen erst diskutiert werden.

Auch der Zeitplan für die Umsetzung ist vage. Viele Punkte sorgen bereits für Widerstand. ÖVP-Finanzsprecher Stummvoll steht etwa der gemeinsamen Einlagensicherung kritisch gegenüber. Es sei schwer zu argumentieren, warum Österreich künftig für Spareinlagen in Griechenland oder in Spanien aufkommen soll.

Die Sozialdemokraten wollen nicht länger auf eine EU-weite Regelung warten. Sie betonen, dass man nach der Rettung der Volksbanken AG (ÖVAG) mit der ÖVP einen nationalen Alleingang vereinbart habe.

Auch in Deutschland und Großbritannien gibt es ein Banken-Insolvenzrecht. Nach Ansicht der SPÖ wäre die ÖVAG-Rettung vermutlich anders gelaufen, wenn Österreich ebenfalls klare Regelungen gehabt hätte. Im Büro von Finanzministerin Fekter hält man es aber für nicht sinnvoll, dass Österreich jetzt schnell ein Gesetz beschließt. Denn es bestehe die Gefahr, dass die Regelung später aufgrund anderer EU-Vorgaben geändert werden muss.

Befeuert wird die Auseinandersetzung durch einen Auftritt des mächtigen SPÖ-Manns Werner Muhm. Der Arbeiterkammer-Direktor wird am heutigen Freitag seine Pläne für ein Bankeninsolvenzrecht vorlegen. Dabei will er aufzeigen, wie viel Geld in Österreich durch die Bankenrettungen bereits verloren gegangen sei und wo noch Risiken liegen. Muhm ist ein enger Vertrauter von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ). Er steht im Mittelpunkt eines seit Wochen anhaltenden Koalitionskrachs. Finanzministerin Fekter weigert sich, das Mandat von Muhm als Nationalbank-Generalrat zu verlängern.

Bankenunion: Erst in einigen Jahren?

Seit der Rettung der Hypo Alpe Adria Ende 2009 fordern ÖVP und SPÖ immer wieder ein Bankeninsolvenzrecht. Die erste Initiative kam von Ex-Finanzminister Josef Pröll (ÖVP, arbeitet jetzt für Raiffeisen).
Im Juni 2011 unternahm Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) einen neuen Anlauf. Er erklärte nach einer Regierungsklausur, dass es im Winter 2011 ein Insolvenzrecht geben soll.

Doch die Finanzbranche hatte damit wenig Freude. In einem Positionspapier von Raiffeisen heißt es, dass „die Arbeiten auf europäischer Ebene durch einen nationalen Alleingang nicht konterkariert werden“ sollen. Und in Brüssel stehen die Lobbyisten diverser Finanzgruppen den jüngsten EU-Vorschlägen skeptisch gegenüber. Die deutschen Bankenverbände sind der Ansicht, dass die geplante Bankenunion bestenfalls in einigen Jahren umsetzbar sei.

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