Minischritte zur Transaktionssteuer

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Fekter und Schäuble verhinderten das Ende der politischen Debatte über die „Robin-Hood-Steuer“. Sie ist aber weiterhin in ziemlich weiter Ferne.

Luxemburg. In einem geschickt inszenierten Zusammenspiel haben die Finanzminister Österreichs und Deutschlands am Freitag die Zustimmung ihrer Oppositionsparteien zu dauerhaften Rettungsmaßnahmen für den Euro sichergestellt und gleichzeitig die europäische Debatte über eine Steuer auf Finanztransaktionen am Leben gehalten.

Beim Ratstreffen in Luxemburg machten Maria Fekter und Wolfgang Schäuble ihren 25 Amtskollegen deutlich, dass sich sowohl im Nationalrat als auch im Bundestag nur dann die nötigen Mehrheiten für die Schaffung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) finden, wenn auf europäischer Ebene zumindest eine Gruppe von Mitgliedstaaten an der Einführung einer gemeinsamen Transaktionssteuer weiterarbeitet. Dass sich keine Einstimmigkeit für den Gesetzesvorschlag der Europäischen Kommission finden würde, um so eine Abgabe in allen 27 Mitgliedstaaten zu schaffen, ist seit Jahr und Tag bekannt. Die EU-Verträge erlauben für diesen Fall aber eine sogenannte „verstärkte Zusammenarbeit“ von zumindest einem Drittel aller Mitgliedstaaten. In der Frage des Eherechts läuft eine solche bereits, ein einheitliches EU-Patent wird ebenfalls im Weg der verstärkten Zusammenarbeit geschaffen.

ESM nötig für spanische Bankenrettung

Das Ziel für Fekter und Schäuble war es also, die grundsätzliche Bereitschaft der anderen Minister festzuhalten, dass eine Gruppe gleich gesinnter Staaten voranschreitet. Und so ließ Schäuble Fekter für eine dramatische Erklärung den Vortritt: „Wenn ich diese verstärkte Zusammenarbeit nicht bekomme, dann wird der ESM im österreichischen Parlament nicht ratifiziert. Und das wäre schade.“ Das war noch gelinde ausgedrückt. Tatsächlich wäre ein Scheitern des ESM für die Eurozone fatal. Denn schon am 9. Juni soll der Gouverneursrat dieses dauerhaften Eurowährungsfonds erstmals zusammentreten und die bisherigen Rettungsaktionen für Griechenland, Irland und Portugal übernehmen. Auch 62 Milliarden Euro an Krediten für die Rekapitalisierung der spanischen Sparkassen und weitere vermutlich zehn Milliarden Euro, die Zypern zur Stabilisierung seiner Wirtschaft benötigt, sollen vom ESM bezahlt werden.

Auch „Georgie“ macht brav mit

Bis auf Bulgarien und Dänemark, dessen Finanzministerin Margrethe Vestager die im Internet direkt übertragene Debatte moderierte, meldeten sich nach Fekters Appell die Vertreter aller Staaten zu Wort. Gegen eine verstärkte Zusammenarbeit einiger Länder zwecks Einführung einer Transaktionssteuer sprachen sich ausdrücklich nur der niederländische Minister Jan Kees de Jager und sein tschechischer Amtskollege Miroslav Kalousek aus. Alle anderen waren entweder ohnehin auf Seiten Fekters und Schäubles oder stellten sich einer verstärkten Zusammenarbeit zumindest nicht in den Weg. Sogar der britische Finanzminister George Osborne, von Vestager neckisch mit „Georgie“ zu Wort gerufen, erklärte, Großbritannien „sei bereit, die Eurozone mit einer verstärkten Zusammenarbeit voranschreiten zu lassen“.

Dahinter steckt natürlich das Kalkül, dass viele Investoren ihre Geldgeschäfte aus der Eurozone in die City of London umlenken werden, um einer künftigen Besteuerung auszuweichen. Der Gesetzesvorschlag der Kommission versucht, diesen Fluchteffekt dadurch zu unterbinden, indem er bei der Besteuerung nicht am Ort der Transaktion ansetzt, sondern beim Sitz der Geschäftsparteien. Eine österreichische Bank, die an der Londoner Börse mit Wertpapieren handelt, müsste diese Transaktionen also in Österreich versteuern.

Allerorten neue Begehrlichkeiten

Heißt das nun also: freie Bahn für die „Robin-Hood-Steuer“? Nein. Denn nun müssen zumindest neun Staaten in einem Brief an die Kommission Umfang und Zweck ihrer verstärkten Zusammenarbeit darlegen. Fekter wich Fragen danach aus, wer nun wirklich an der Steuer arbeiten, diese Gruppe koordinieren und den Brief aufsetzen will.

Zudem haben einige Ländervertreter ihre Beteiligung an harte Bedingungen geknüpft. Polens Finanzminister Jacek Rostowski sagte, er habe zwar noch immer „intellektuelle Probleme mit der Wirksamkeit“ dieser Steuer, werde sich der Arbeit der Euroländer an ihr aber nicht widersetzen, falls ihr Erlös ins EU-Budget flösse. Italiens EU-Botschafter Ferdinando Nelli Feroci knüpfte die Mitarbeit seines Landes unverhohlen an die Zustimmung, mit mehr Steuergeld die Wirtschaft der Mittelmeerländer zu stützen. Und ohne Luxemburg, wo viele deutsche Banken große Geldgeschäfte steuersparend abwickeln, fiele eine Transaktionssteuer auch für Schäuble recht problematisch aus.

Fekter meinte zu diesen Fragen, der Finanzsektor müsse zur Kasse gebeten werden, um „die Probleme zu lösen, die wir ständig haben.“ Wenn der Erlös Österreichs Beitrag zum Unionsbudget reduziere, „solls mir recht sein“, fügte die Ministerin hinzu.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.06.2012)

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