Festival: So klingt Munchs "Schrei"

Ehrgeiziges "Wörthersee Classics" - erstmals mit Elite-Orchester.

Im Gedenken an Otto M. Zykan wird das diesjährige Wörthersee Classics Festival zu Ende gehen, das sich ehrgeizige Ziele gesteckt hat. Gleich fünf Uraufführungen präsentieren die Festival-Gründer Elena Denisova und Alexei Kornienko aus Anlass des fünften Jahrestages der Festspielgründung.

Heuer steht dem Festival, das im Klagenfurter Konzerthaus stattfindet, erstmals das Tschaikowsky Orchester des Moskauer Rundfunks und damit ein Elite-Orchester zur Verfügung, das unter wechselnden Dirigenten sowohl die Novitäten als auch Klassiker des Konzertrepertoires von Brahms' Zweiter, am Wörthersee entstandener Symphonie bis zu Prokofieffs Fünfter mit poetisch-zart bis kraftvoll präsentiertem Wohlklang veredelt.

Höchst unterschiedliche Ur- und Erstaufführungen prägten das musikalische Bild der Kärntner Landeshauptstadt zu Festspielbeginn. So erklang unter Alexei Kornienkos engagierter Leitung zum Auftakt ein tönendes Porträt des Malers Edvard Munch aus der Feder des Norwegers Trygve Madsen. Bilder wie der "Tanz des Lebens" oder das gespenstisch todesnahe "Selbstporträt zwischen Uhr und Bett" erfahren da ihre Umsetzung in spätromantisch getönten musikalischen Pinselstrichen, der "Schrei" steht heftig bewegt in allen Stimmen inmitten, was zynische Pausenkommentare provozierte: So könne man, hieß es, das gestohlene Kunstwerk in Klagenfurt immerhin hören . . .

Val©ry Arzoumanovs "Hommage   Alban Berg" erklang vor einer Aufführung der drei Orchesterstücke des Widmungsträgers unter Bjarte Engeset - Musik aus dem Jahr 1970, die ihre eigene, bittere Geschichte hat: Arzoumanov komponierte sie, tatsächlich hörbar an Bergs Ästhetik orientiert, als Student; Musik dieses expressionistischen Zuschnitts durfte in der kommunistischen Ära in Russland nicht gespielt werden!

Kein Problem hat hingegen der Franzose Ren© Koering, der zu den Mächtigen im französischen Musikbetrieb zählt und auch als Film-Komponist gut im Geschäft ist. Wie geschickt der Boulez-Schüler mit Orchester und modernen Techniken umzugehen weiß, erfuhr man bei der Uraufführung der Auftragskomposition für Wörthersee Classics, "Danse triste au bord du lac"; wobei der See eher die enorme Weite der überlieferten Musikgeschichte darstellt, mit traurigen Zitaten von Beethoven bis Schönberg, die von wild tanzenden Schlagwerk-Orgien umwuchert werden.

Wörthersee Classics präsentiert heute einen Abend mit Texten über und Musik von Erich W. Korngold und geht morgen mit der Uraufführung von "Ave Schwermut" aus der Feder des kürzlich verstorbenen Otto M. Zykan zu Ende. Der Komponist reagiert in seinem Opus ultimum auf seine, originelle Weise auf das Mozart-Jubiläum, dem in der Folge auch die Aufführung der Sinfonia concertante KV 364 Rechnung trägt. Otto Zykan wollte anlässlich der Uraufführung selbst seinen Text rezitieren. Nun wird die Premiere zu einer posthumen Hommage an den großen Unangepassten der Wiener Avantgarde. nk

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