Wie Erdoğan die Türkei islamisiert

Regelmäßig wehrt sich die Regierungspartei AKP gegen Vorwürfe, dass sie den Laizismus schrittweise abschaffe. Die Schritte, die sie setzt, sprechen eine andere Sprache. Ein Dossier von Duygu Özkan.

Vor dem asiatischen Teil der Istanbuler Küste gehört der legendenumrankte Leanderturm zu den Wahrzeichen der Stadt. Dahinter erstrecken sich die Stadtteile Üsküdar und Kadıdköy mit ihren relativ niedrigen, aber bunten Wohnhäusern, mancherorts lugt die Silhouette eines Minaretts hervor.

Der asiatische Teil hat weniger von den Prachtbauten im Stil der Hagia Sophia zu bieten, die die andere, europäische Seite dominieren. Hier liegen die Sehenswürdigkeiten eher zwischen den Gassen, bis auf das Bahnhofsgebäude Haydarpaşa vielleicht, von wo aus die historischen Reisenden bis nach Aleppo und Bagdad gelangt sind.

In einigen Jahren wird die Silhouette des asiatischen Teils ein neues Bauwerk prägen. Nach einem längeren Rechtsstreit zwischen der sozialdemokratischen Opposition und der Architektenkammer mit der Religionsbehörde steht nun fest: Nahe dem Bahnhof Haydarpaşa, direkt am Wasser, wird auf mehreren zehntausend Quadratmetern Fläche eine große Moschee entstehen. Den Plänen zufolge wird das Gotteshaus Platz für mehrere Tausend Gläubige bieten können sowie über eine große Bibliothek, mehrere Konferenz- und Ausstellungsräume verfügen.

Das Projekt in Kadıköy mag charakteristisch für viele Bestrebungen der regierenden AKP sein: Sie redet gern in baulichen Dingen mit, sei es noch so lokal. Und sie kommt mit ihren Plänen fast immer durch, oft nach Interventionen. Und sie lässt seit Jahren neue Moscheen quer durch das Land bauen. Der rege betriebene Moscheebau ist nur ein Aspekt der fortschreitenden Islamisierung der türkischen Gesellschaft, wie sich an den folgenden Punkten zeigt. Immer mehr zersetzt die AKP die bisher geltende Ordnung – zwar nicht ohne Proteste, doch die bleiben oft folgenlos.


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