Umjubeltes Heimspiel für Wladimir Putin in Belgrad

 Belgrad rollte für den russischen Präsidenten, Wladimir Putin, wieder einmal den roten Teppich aus. Aus dem ganzen Land wurden Funktionäre und Anhänger der Regierungspartei in Bussen nach Belgrad gekarrt.
Belgrad rollte für den russischen Präsidenten, Wladimir Putin, wieder einmal den roten Teppich aus. Aus dem ganzen Land wurden Funktionäre und Anhänger der Regierungspartei in Bussen nach Belgrad gekarrt.(c) REUTERS (STOYAN NENOV)
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Der russische Präsident suchte beim Besuch im EU-Anwärterland Serbien eine Vertiefung der militärischen und energiepolitischen Kooperation.

Belgrad. Fern der Heimat und doch gefeiert: Ein Lächeln huschte über das Antlitz von Wladimir Putin, als Russlands Präsident bei seiner Visite in Belgrad am Donnerstag die Huldigungen seiner Gastgeber entgegennahm: Er danke für den warmen Empfang im „brüderlichen und freundschaftlichen Serbien“.

„Ein großer Tag für Serbien!“, titelte am Donnerstagmorgen freudig der regierungsnahe „Kurir“: „100.000 Serben erwarten Putin!“ Tatsächlich sollte sich seine Kurzvisite im Balkanstaat für den Kremlchef als umjubeltes Heimspiel gestalten. Offiziell hatte eine Gruppierung namens Zentrum für Entwicklung die Willkommensdemonstration für den mit Abstand populärsten ausländischen Politiker im Balkanstaat organisiert. Tatsächlich war es aber der nationalpopulistischen SNS des allgewaltigen Präsidenten, Aleksandar Vučić, zu verdanken, dass Zehntausende mit Bussen aus dem ganzen Land herbeigekarrte Parteigänger ihren Weg als Jubeldemonstranten nach Belgrad fanden.

Am Vorabend hatte Putin in einem Interview mit den Staatszeitungen „Politika“ und „Novosti“ den USA „Destabilisierung“ der Region vorgeworfen und vor einer Nato-Erweiterung gewarnt. In den Mittelpunkt seiner Ausführungen stellte Putin neben der Intensivierung der energiepolitischen Bande die Vertiefung der militärischen Kooperation.

Moskau wisse die serbische Neutralität zu schätzen, sagte Putin, der seinen Gastgebern Hilfe bei der Modernisierung der Streitkräfte zusagte. „Wir werden die militärtechnische Zusammenarbeit weiterentwickeln.“

Im Gegensatz zum Westen werde Moskau den „strategischen Partner“ Serbien keineswegs vor die „künstliche Wahl“ zwischen EU und Russland stellen, versicherte Putin. Russland sehe den EU-Anwärter als „potenziellen Agenten“, mit dessen Hilfe es die EU nach einem Beitritt „von innen beeinflussen“ könne, umschrieb der Kreml-Kritiker und Ex-Abgeordnete Ilja Ponomarew in einem Interview mit der Agentur Balkan Insight Serbiens Bedeutung für Moskau. Im Gegenzug für die Schützenhilfe im Kosovo-Konflikt erwarte Moskau von Belgrad die Ablehnung eines Nato-Beitritts und der EU-Sanktionen gegen Russland, so Ponomarew.

Gastgeber Vučić hatte auch innenpolitische Ziele im Visier. Denn die seit Wochen anhaltenden und nun auch auf die Provinz übergeschwappten Proteste gegen politische Gewalt und Mediengängelung beginnen, Serbiens autoritär gestrickten Dominator zu nerven.

Zwar dürfte der erneute demonstrative Schulterschluss des EU-Aspiranten mit Moskau in Brüssel und bei den christdemokratischen Partnerparteien der SNS im Westen keineswegs auf Begeisterung gestoßen sein. Doch bewusst hat Vučić mit der Jubeldemonstration für Putin gegenüber der Opposition ein Zeichen der Stärke gesetzt – und seine Partei in Kampfbereitschaft versetzt.

Baldige Neuwahlen?

Denn wieder einmal liebäugelt der machtbewusste Fädenzieher mit Neuwahlen. Ob noch im Frühjahr oder erst im Herbst: Mit den dritten vorgezogenen Parlamentswahlen in fünf Jahren könnte Vučić trotz Boykottdrohungen der Opposition seine Kritiker zum Schweigen zu bringen versuchen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2019)

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