Rüstung: Star Wars muss weiter warten

Start einer Standard-Missile-3 von einem US-Kriegsschiff (Illustration)
Start einer Standard-Missile-3 von einem US-Kriegsschiff (Illustration) (c) Raytheon
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Die von US-Präsident Trump präsentierte neue „Missile Defence Review“ will Raketenabwehr ausbauen, etwa mit Laserdrohnen. Im All postierte Abwehrwaffen bleiben aber weiter Theorie.

Natürlich war da und dort unvermeidlich von „Star Wars" die Rede – dem einst futuristischen Projekt mit dem wahren Namen „Strategic Defence Initiative", mit dem US-Präsident Ronald Reagan ab 1983 einen Schutzschirm auch im All gegen sowjetische Atomraketen spannen wollte (1993 wurde das gestoppt).

Doch was Präsident Donald Trump am Donnerstag als „Missile Defence Review" (MDR) vorgestellt hat, hat eigentlich mäßig mit Star Wars zu tun. Und schiebt vor allem Pläne der publikumswirksamsten Systeme von einst, etwa nuklear gezündete Laserkanonen, auf die lange Bank.

Die MDR zur Raketenabwehr, die Trump nun im Pentagon vorgestellt hat, löst jene von 2010 ab. Sie setzt Vorgaben des Kongresses in den Militärbudgetgesetzen 2018 und 2019 um, Wert zuletzt: zehn Milliarden Dollar. Eigentlich sollte sie schon zwischen Ende 2017 und Frühjahr 2018 erscheinen, aber Gerüchten zufolge wollte man das Rapprochement mit Nordkoreas Führer, Kim Jong-un, nicht stören, das dann zum Gipfel von Singapur im Juni geführt hat.

Nordkorea ist neben dem Iran als „Schurkenstaat" weiter Kernthema der MDR, wobei es darum geht, einzelne von dort aus die USA, Europa oder Gebiete Verbündeter in der Asien-Pazifik-Region anfliegende Raketen abzufangen. Eine Mauer gegen einen großen Angriff etwa Chinas und Russlands wolle man nicht bauen, heißt es auch in der neuen Review. Man kann es übrigens auch nicht.

Ein neuer Aspekt ist Raketenabwehr auf taktischer und regionaler Ebene fern der USA, zum Schutz von US-Truppen und Alliierten. Letztere ermuntere man zur Entwicklung ähnlicher Systeme. Hier übrigens eine schöne große Geschichte dazu.

In konkreter Hinsicht avisiert die MDR 2019 im Kern jedenfalls Folgendes:

Die GBI-Raketen (Ground Based Interceptors) in Silos in Alaska und Kalifornien zum Abfangen von Gefechtsköpfen im All sollen von 44 auf etwa 72 aufgestockt werden. Ein dritter Standort wird angepeilt, vielleicht im Osten der USA. Die Effektivität der Waffe ist leider mäßig. Trefferchance: circa 40 Prozent.

Für F-35-Kampfjets (Joint Strike Fighter, Lightning II) sollen Raketen zum Abschuss ballistischer Raketen in der Startphase entwickelt werden, in den ersten zwei bis fünf Minuten. Ein ähnliches Projekt wurde einst eingestellt: Man muss ja wissen, wann und wo etwas startet, der Jet muss in der Nähe sein, mithin im feindlichen Luftraum. Und es ist physikalisch kaum möglich, dass eine Rakete eine andere einholt, die schon in größerer Höhe fliegt.

Laser auf Drohnen, die sehr hoch fliegen (etwa 20 km), gegen startende Raketen. Die effektive Schussweite betrüge theoretisch Hunderte Kilometer, man könnte etwa Nordkorea abdecken. Aber die Drohnen müssen in der Gegend sein, wenn man sie braucht; Hochenergielaser passender Größe gibt es nicht; Versuche mit Riesenlasern auf Flugzeugen (Boeing 747) enttäuschten und endeten 2012.

Die „Standard Missile 3", zentrale Mehrzweckwaffe auf heutigen Schiffen auch vieler andere Staaten, soll in der Variante gegen Interkontinentalraketen fortentwickelt und in größerer Zahl gebaut werden.

Das Frühwarnsatellitennetz Space Sensor Layer in niedrigen Umlaufbahnen (200–600 km) soll durch Wärmesensoren Raketen und andere Flugkörper möglichst beim Start erkennen; es würde Satelliten ähnlichen Typs in höheren Orbits (36.000 km) ergänzen.

Weiterere Punkte betreffen Forschung an Systemen gegen hyperschnelle Flugkörper, wie sie Russland jüngst getestet hat. Im All postierte Waffen, etwa Laser und Raketen, werden zwar erwähnt, aber nur als Studienobjekte ohne konkrete Investition dafür.

In der technischen Community ist ohnehin seit langem der Tenor, dass so etwas viel zu teuer wäre (Hunderte Milliarden Dollar nur zur unsicheren Eindämmung eines mittelgroßen Gegners), zu wenig effektiv, und selbst zu verletzlich gegen Anti-Satelliten-Waffen.

Star Wars muss also weiter warten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2019)

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