Schwedens neue Regierung will Einwanderung lockern

Ministerpräsident Stefan Löfven und seine Frau Ulla nach der Wiederwahl.
Ministerpräsident Stefan Löfven und seine Frau Ulla nach der Wiederwahl.REUTERS
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Die Zweckkoalition schloss Rechtsaußen aus und wählte Stefan Löfven wieder. Manche Beobachter geben der Minderheitsregierung nur ein Jahr.

Stockholm. Der schwedische Ministerpräsident, Stefan Löfven (Sozialdemokraten, SAP), hatte am Freitag wahrlich Grund zum Feiern. Nach vier Monaten ergebnisloser Koalitionsverhandlungen und der Androhung von Neuwahlen stimmte das Parlament (Riksdag) für eine zweite Amtszeit. Bis Montag muss Löfven sein Kabinett vorstellen. Wie lang die neue Regierung halten wird, darüber gehen die Meinungen allerdings auseinander.

Löfven hat seine Wiederwahl nämlich einem Kniff zu verdanken. Nur 115 Abgeordnete stimmten für den Sozialdemokraten und 153 gegen ihn, doch 77 enthielten sich. In Schweden werden solche Enthaltungen de facto als zurückhaltende Ja-Stimmen gewertet. Von diesem Recht machte nicht nur die Linkspartei Gebrauch, sondern auch die beiden bürgerlichen Parteien Zentrum und Liberale. Beide Parteien mussten dafür ihren Spitzenkandidaten, Ulf Kristersson von den konservativen Moderaterna und den Christdemokraten, verraten – und zwar, weil er mit den einwanderungskritischen Schwedendemokraten (SD) kooperieren wollte.

Mehr Angehörigenzuzug

Treibende Kraft dahinter war Annie Lööf, Chefin des Zentrums. Das symbolisch wohl bedeutsamste Anliegen der neuen Regierungskooperation ist es, die Angehörigeneinwanderung wieder in großem Stil zuzulassen. Dabei hat Schweden, gemessen an seinen zehn Millionen Einwohnern, bereits am meisten Flüchtlinge aufgenommen. „Die kaltherzige Politik, die Kinder von ihren Eltern trennte, wird beendet“, sagte Lööf.

Zusätzlich dazu hat sie eine Steuersenkung und eine Lockerung des Arbeitsrechts durchgesetzt. Welche Zusagen die Linkspartei für die Unterstützung von Löfvens Regierung bekam, blieb indes geheim.

Politikkommentatoren fragen sich allerdings bereits, wie der Ministerpräsident diese breite Partnerschaft zusammenhalten will. Einige Beobachter halten sie für ausreichend stabil, weil die Opposition mindestens genauso zersplittert ist.

Allerdings wird die neue Regierung nicht ohne Grund als „Anti-SD-Koalition“ bezeichnet. Denn im Grunde ist dies das Einzige, was die fünf Parteien verbindet. Einige geben dem Zweckbündnis deshalb nur ein Jahr.

Außerdem könnten die Schwedendemokraten durch diese Ausgrenzungspolitik noch mehr Wähler gewinnen. Diese sei undemokratisch und gefährlich, wurde kritisiert. Man entschärfe die SD am besten, indem man ihr durch Regierungsverantwortung die attraktive Rolle des Außenseiters nehme. In Dänemark hat das allerdings fast ein Jahrzehnt lang nicht funktioniert. Dort haben die Rechtspopulisten inzwischen mehr Parlamentssitze als ihre größte bürgerliche Partnerpartei, Venstre.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2019)

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