Ben Rhodes spricht im Interview über die Kurz-Visite bei Trump, eigene Fehler im Arabischen Frühling ("Heuchelei"), eine unterschätzte Gefahr - und er erklärt, was Obama mit Blick auf seinen Nachfolger die größten Sorgen bereitet.
Im Berliner Kaffeehaus „Einstein Unter den Linden“, nahe des Brandenburger Tors, wimmelt es meist vor Touristen, Journalisten, Politikern. Mittendrin ist an diesem Tag Ben Rhodes. Er trifft "Die Presse" zum Interview. Der 41-Jährige zählte zu den wichtigsten außenpolitischen Beratern und Redenschreibern von Barack Obama im Weißen Haus. Die beiden sind noch heute befreundet. Nur ein paar Schritte weiter, im Hotel Adlon, hatten der damalige Noch-Präsident Obama und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel 2016 ihr Abschiedsessen. Rhodes schreibt in seinem neuen Buch, Obama habe zum Ende des Berlin-Besuchs gesagt: „Sie ist jetzt ganz allein.“ Also Merkel. Und die deutsche Kanzlerin soll eine Träne im Auge gehabt haben. Im Interview mit der „Presse“ im Einstein erklärt Rhodes nun, welche Nummer er in seiner Zeit im Weißen Haus wählte, wenn er die EU erreichen wollte (sie hatte keine Brüsseler Vorwahl) und warum Allianzen wie die Nato acht Jahre Präsident Donald Trump möglicherweise nicht überstehen. Es geht auch um die Rückkehr des "Stammesdenkens" und eigene Fehler, zum Beispiel im Umgang mit dem Arabischen Frühling ("Heuchelei"). Und Rhodes verrät, welche Gemeinsamkeiten die Wahlkämpfe von Trump und Obama trotz aller Gegensätze hatten. Rhodes liebt übrigens Wien, wie er sagt. Er hat dort seine Flitterwochen verbracht, was gleich zur Einstiegsfrage mit Österreich-Bezug führt:
Die Presse: Anders als in den Obama-Jahren ist nun mit Sebastian Kurz wieder ein österreichischer Kanzler im Weißen Haus zu Gast: Wie erklären Sie sich das?
Ben Rhodes: Donald Trump hat keine besonders guten Beziehungen zu den großen EU-Ländern. Und er sucht die Nähe zu Regierungschefs rechts der Mitte in Europa. Außerdem scheint er sich wohler an der Seite der Vertreter kleinerer Staaten zu fühlen. Vielleicht, weil er sich dann selbst als „größere Person" inszenieren kann.
Der US-Botschafter in Berlin nannte Österreichs Kanzler einen Rockstar.
Er ist jung und ein frisches Gesicht. Aber ich denke, Trump versucht, was schon George W. Bush getan hat, als es mit Frankreich und Deutschland nicht gut lief: Er sucht Kontakt zu Regierungschefs kleinerer Staaten, um zu zeigen, dass er noch Freunde in Europa hat.