Interview

„Chinas Führer leben in einer Echokammer“

Wird Hongkong wie Belfast in den 1970er- und 1980er-Jahren? Professor Shambaugh befürchtet das, wenn die Stadtregierung keine Antworten für die unzufriedenen Einwohner parat hat.
Wird Hongkong wie Belfast in den 1970er- und 1980er-Jahren? Professor Shambaugh befürchtet das, wenn die Stadtregierung keine Antworten für die unzufriedenen Einwohner parat hat. REUTERS
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Der amerikanische China-Experte David Shambaugh über die Probleme der KP-Führung mit der Peripherie der Volksrepublik und ihr Unverständnis für die Außenwelt.

Könnten Parteidokumente zur Politik der chinesischen Führung gegenüber den Moslems in Xinjiang, die westlichen Journalisten zugespielt wurden, darauf hindeuten, dass die Parteispitze doch nicht ganz so geeint ist?

Professor David Shambaugh: Die geleakten Dokumente über Xinjiang und die dortigen Internierungslager bestätigen eigentlich nur, was wir durch Satellitenbeobachtung und von aus der Provinz geflüchteten Uiguren bereits wissen. Aber ich glaube nicht, dass sie auf irgendwelche Spaltungen innerhalb der Führung hinweisen. Ich sehe eine sehr feste, kompakte Führung, auch das letzte ZK-Plenum hat keinerlei Hinweise auf Spaltungen gegeben. Das heißt aber nicht, dass es keine Unzufriedenheit mit Parteichef Xi Jinping innerhalb der Partei gibt, wenn auch nicht an der Parteispitze. Aber die KPCh hat 82 Millionen Mitglieder. Und es ist nicht schwer, Parteimitglieder zu finden, die sich kritisch zu Xis Politik äußern. Auch außerhalb der Partei, in der Gesellschaft, gibt es Unzufriedenheit über den Kurs, auf den Xi China gelenkt hat.

Kann Xi Jinpings Politik der eisernen Repression die Situation in Xinjiang und auch Tibet längerfristig erfolgreich sein?

Nein. Repression ist ein Anzeichen für Unsicherheit. Alle Regime, die ihre Untertanen unterdrücken, tun das, weil sie unsicher über ihre eigene Führerschaft sind und weil sie ihren eigenen Leuten misstrauen. Uiguren und Tibeter werden in der Volksrepublik zwar nicht ausgerottet, sind aber der Internierung, Gehirnwäsche, Verhören und der Schikanierung ihrer Familien ausgesetzt. Die Machthaber in Peking gehen dabei gezielt vor. Was sie den Uiguren antun, haben sie den Tibetern in diesem Umfang nie angetan.

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