Coronakrise

US-Regierung stemmt sich im Wahljahr gegen Rezession

cDie Coronapandemie macht auch vor den USA nicht Halt
cDie Coronapandemie macht auch vor den USA nicht HaltREUTERS
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In der US-Regierung macht die Angst vor einer Rezession die Runde. Sie komme mit einer Wahrscheinlichkeit von "nahezu 100 Prozent“, glauben Experten. Fed-Maßnahmen können Börsen nicht beruhigen.

Noch vor wenigen Wochen war Präsident Donald Trump mit wirtschaftlich breiter Brust in den Wahlkampf gegangen. Das Coronavirus verheißt jedoch selbst für die erfolgsverwöhnte US-Wirtschaft nichts Gutes, mehrere Börsencrashs zeigen die Richtung an. Trumps Wahlkampfslogan "Keep America Great" hat nichts mehr mit der Realität zu tun.

Dabei hatte die US-Wirtschaft noch im Februar mit den geringsten Arbeitslosenzahlen seit 50 Jahren geglänzt. Aber sogar der US-Präsident muss sich nun die Möglichkeit einer Rezession infolge des Coronavirus eingestehen. "Es könnte sein, es könnte aber auch nicht sein", so der Präsident am Montag. Das sind selbst für das Weiße Haus ungewohnte Töne, hatte der US Präsident doch zuvor die Bedeutung des Virus wiederholt klein geredet.

An der Börse in New York herrscht jedenfalls Panikstimmung. Tägliche Kursausschläge von zehn Prozent sind seit vergangener Woche keine Seltenheit mehr. Trotz dem Auf und Ab der Märkte ist nun auch in den USA die Stimmung gekippt - denn viele US-Regionen haben mit Europa gleich gezogen und die Gewerbetätigkeit in nicht-essenziellen Betrieben großflächig zum Erliegen gebracht. Mehrere größere US-Konsumgüterkonzerne, darunter der Tech-Riese Apple sowie die US-Kleidungshersteller Abercrombie & Fitch, Nike und Lululemon, haben in Folge der Krise vorübergehend ihre Geschäftslokale geschlossen.

"Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Rezession beträgt nahezu 100 Prozent, erklärte US-Wirtschaftswissenschaftler Kevin Hassett gegenüber dem Fernsehsender CNN am Montag. Dass das zweite Jahresquartal wirklich schlecht sein wird, ist laut Hassett mittlerweile "ausgemachte Sache". Für eine Rezession, also einen Wirtschaftsabschwung, wären jedoch per Definition zwei Rückgänge der Wirtschaftstätigkeit in Folge notwendig. Ob das der Fall sein wird, wird "davon abhängen, wie sich die Kurve beim Coronavirus entwickelt", so Hassett. "Der ökonomische Ausblick verändert sich von Tag zu Tag und hängt stark von der Verbreitung des Virus ab", erklärte Notenbank-Chef Jerome Powell bei einer Pressekonferenz der Fed am Sonntag.

Eine Schätzung der Universität von Los Angeles (UCLA) zeigt sich bezüglich der Auswirkungen des Virus auf die US-Wirtschaftstätigkeit pessimistisch. Für das US-Bruttoinlandsprodukt (BIP) erwarten die Statistiker aus Kalifornien im ersten Quartal ein Wachstum von mauen 0,4 Prozent, im zweiten Quartal darüberhinaus ein Minus von 6,5 Prozent und im dritten Jahresviertel einen Rückgang von 1,9 Prozent. Erst im vierten Quartal wird wieder Wachstum prognostiziert, so die Forscher im aktuellen "Anderson Forecast". Für das Gesamtjahr 2020 sieht es ebenfalls düster aus: es wird ein Rückgang um 0,4 Prozent erwartet.

Ultraniedrige Zinsen

Bei der US-Notenbank Fed wurde unterdessen in Folge der Krise bereits mehrmals an den geldpolitischen Stellschrauben gedreht. Die Notenbank hatte in einer außerordentlichen Sitzung am Sonntag den Leitzins weiter abgesenkt. Das Zinsband wurde um einen vollen Prozentpunkt nach unten korrigiert und befindet sich damit zwischen 0 und 0,25 Prozent, statt vormals zwischen 1 und 1,25 Prozent. Zudem kündigte Fed-Chef Jerome Powell an, um über 500 Mrd. US-Dollar (444,84 Mrd. Euro) Staatsanleihen kaufen zu wollen. 200 Mrd. sollen außerdem in hypothekenbesicherte Wertpapiere investiert werden.

Mit den ultraniedrigen Zinsen will die US-Notenbank den heimischen Unternehmen die Finanzierung leichter machen und die Wirtschaftsakteure zu größerem Risiko ermuntern. Das Vorgehen gilt als dramatischster Schritt in der Geschichte der Fed seit der Finanzkrise im Jahr 2008. "Wir sind bereit, unser gesamtes Arsenal aufzufahren, damit die Haushalte und Unternehmen Zugang zu Kredit haben", so Powell. Zuvor hatte die Fed die Leitzinsen bereits am 3. März um einen halben Prozentpunkt gesenkt.

An den US-Börsen zeigten sich die Anleger von den Fed-Maßnahmen zunächst unbeeindruckt. Der marktbreite Index S&P-500, der 500 der wichtigsten US-Unternehmen umfasst, stürzte am Montag um 12 Prozent ab. Der US-Leitindex Dow Jones verlor knapp 3.000 Punkte - das war der stärkste Kursverfall seit 1987. Hauptverlierer: Die großen US-Geldhäuser, allen voran die Citigroup, JP Morgan Chase und die Bank of America. "Es wäre möglich, dass der Selloff am Montag nahelegt, dass Investoren diese Notfallmaßnahmen als schlechte Vorzeichen sehen", so Paul Eitelmann vom Seattler Vermögensverwalter Russel Investments.

Fed kauft Firmenanleihen

Am Dienstag kündigte die Fed dann als weitere Maßnahme an, künftig direkt kurzfristige Firmenanleihen erwerben zu wollen. Durch die Coronakrise unter Druck geratene US-Unternehmen könnten sich damit direkt bei der Fed Geld ausborgen. Mit der sogenannten "Commercial Paper Funding Facility" (CPFF) soll die Liquidität am kurzfristigen Markt für Geldmarktpapiere ("Commercial Papers") gesichert werden.

Das Weiße Haus stemmt sich unterdessen ebenfalls gegen das Gespenst der Rezession. US-Medienberichten zufolge wurde am Dienstag ein direktes Stimuluspaket in der Höhe von mindestens 850 Milliarden Dollar anvisiert. US-Amerikaner könnten damit von der Regierung "unmittelbar" Zahlungen erhalten, wird Finanzminister Steven Mnuchin in der Washington Post (Dienstag) zitiert. Möglicherweise hilft das, den privaten Konsum, und damit den wichtigsten Pfeiler der US-Wirtschaft, in Folge der Krise nicht vollkommen einknicken zu lassen.

US-Präsident Donald Trump hatte in der Vergangenheit wiederholt die Fed auf weitere Schritte gedrängt und auch die jüngste Zinssenkung explizit begrüßt. Trump hatte sich auch vermehrt für Negativzinsen wie in der Eurozone ausgesprochen. Das kommt aber für Fed-Chef Powell derzeit sowie in absehbarer Zukunft nicht infrage, wie der Notenbankchef am Sonntag betonte.

(APA)

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