Analyse

Todesstoß für Atomdeal spaltet UNO

Die USA drängen auf die Aktivierung aller Iran-Sanktionen. Der UN-Sicherheitsrat ist in der Frage tief gespalten.
Die USA drängen auf die Aktivierung aller Iran-Sanktionen. Der UN-Sicherheitsrat ist in der Frage tief gespalten.(c) APA/AFP/POOL/STEPHANE LEMOUTON
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Die USA wollen den Mechanismus aktivieren, der alle Sanktionen gegen den Iran zurückschnappen lässt. Doch können sie das überhaupt nach ihrem Austritt aus dem Atomabkommen?

Wien/New York. Persönlich treffen sie einander in New York kaum, höchstens im Freien oder unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen; zu groß ist noch die Ansteckungsgefahr. Doch über Telefon, Skype oder Zoom sind die Botschafter bei den Vereinten Nationen derzeit im Halbstundentakt miteinander verbunden. Am East River glühen die Drähte und flattern die Nerven. Denn die UNO steuert auf eine der schwersten Krisen ihrer Geschichte zu.

Dem Sicherheitsrat droht ein tiefer Riss, mehr noch: eine Spaltung in zwei Welten. Die USA sind wild entschlossen, den sogenannten Snapback-Mechanismus auszulösen, um alle UN-Sanktionen gegen den Iran wieder zurückschnappen zu lassen. Gemäß dem Atomabkommen, das die USA, Russland, China, Deutschland, Großbritannien und Frankreich im Juli 2015 in Wien mit dem Iran geschlossen haben, kann jeder Unterzeichnerstaat eine Wiedereinsetzung der Strafmaßnahmen beantragen. US-Außenminister Mike Pompeo übergab noch in der Nacht auf Freitag in New York dem derzeitigen indonesischen Vorsitzenden des Sicherheitsrates einen Brief mit der entsprechenden Benachrichtigung. Der Iran habe in erheblichem Ausmaß seine Verpflichtungen im Atomabkommen nicht erfüllt, deshalb müssten alle UN-Sanktionen wieder in Kraft treten, heißt es darin.

Iran-Waffenembargo vor Fall

Das Ganze hat jedoch einen Schönheitsfehler: US-Präsident Donald Trump hat im Mai 2018 mit Pauken und Trompeten den Austritt aus dem Atomabkommen erklärt. Und deshalb bestreiten nahezu alle außer er, dass die Amerikaner den Snapback-Mechanismus überhaupt auslösen können. Die USA hätten kein Recht zur Aktivierung der Klausel, erklärten Frankreich, Großbritannien und Deustchland in einer gemeinsamen Erklärung in der Nacht auf Freitag. „Wir können diese Aktion nicht unterstützen, weil sie mit unseren laufenden Bemühungen zur Unterstützung des Atomabkommens unvereinbar ist.“ Russlands Botschafter bezeichnete den US-Plan gar als „nicht-existent“. Und China rief den indonesischen Botschafter auf, den Brief Pompeos im Sicherheitsrat nicht zirkulieren zu lassen und gleichsam wie Luft zu behandeln.

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